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Music Text

Libretto von Harald Kunz (dt.)

Scoring

10S,2M,3A,4T,4Bar,9B (doubled roles possible); chorus;
3(I=afl,II,III=picc).3(III=corA).2.bcl.3(III=dbn)-4.4.3.1-timp.perc(2):tam-ts/bell-bundle/crot/tom-ts/cyms/SD/BD/tgls/gongs/desk bells/vib/glsp/tpl.bls/Baks/ratchet/guiro/t.bells-harp-cel(=perc)-strings

Abbreviations (PDF)

Opera
For full details on this stagework, including synopsis and roles, please visit our Opera section.
Publisher

Boosey & Hawkes / Bote & Bock

Territory
This work is available from Boosey & Hawkes in der ganzen Welt.

Availability

Uraufführung
01/08/1972
Staatsoper, München
Günther Rennert, director / Bayerische Staatsoper / Wolfgang Sawallisch
Programme Note

Während die Oper Geisterliebe (1969–70) nur fünf Gesangssolisten hat, erfordert die »koreanische Legende« Sim Tjong vollends den großen Apparat: Zu den fünf Hauptpartien kommen noch rund ein Dutzend weitere Solisten, Chöre, Komparsen und großes Orchester. Der in Korea sehr bekannte Stoff - ein Märchen, in dem es abermals um Erlösung geht - handelt von der Treue und selbstlosen Liebe der Titelgestalt Sim Tjong zu ihrem blinden Vater Sim. Das detaillierte Libretto von Harald Kunz ist, nach traditionellen Kriterien, dramaturgisch durchaus geschickt, wenn auch (wiederum) mit moralisierenden Sentenzen durchsetzt. Das große Orchester wird kammermusikalisch-intimer behandelt als in Geisterliebe; auch szenisch ist Sim Tjong wohl Yuns eindrucks- und wirkungsvollstes Werk für das Musiktheater.

Im mehr als zwanzigminütigen Vorspiel wird der Apsaras [Engel] Sim Tjong im taoistisch-buddhistischen Himmel zur Wiedergeburt bestimmt; sie kommt als die spätgeborene Tochter im Haus eines verarmten Blinden zur Welt; ihre Mutter stirbt im Kindbett; die böse Nachbarin Paengdok versagt dem alten Sim ihre Hilfe.
Der I. Akt zeigt die für den Vater bettelnde Sim Tjong; ein Heiratsangebot schlägt sie aus, weil ihr Vater aus der gewohnten Umgebung nicht umgesiedelt werden könne. Dieser trifft währenddessen auf einen buddhistischen Bettelmönch, dem er, durch die intrigante Paengdok unterstützt, einen Vertrag über 300 Sack Reis unterschreibt: Durch das Opfer an den Tempel will Sim seine Sehkraft wiedererlangen. Um die Schuld zu tilgen, verkauft sich Sim Tjong an die Seeleute, die eine Jungfrau für den im Meer wohnenden Drachenkönig suchen.
Sehr konzentriert ist das zwölfminütige Zwischenspiel. Hier wurzeln »wie Meerespflanzen« an einem Felsen die fünf Bräute (Soprane) des Drachenkönigs, dessen Part durch fünf heterophon geführte Baßstimmen übernommen wird. Sim Tjong, die sich »im Reich der Ruhe« selber finden soll (so der Drachenkönig), sorgt sich auch hier um den Vater. Der Drachenkönig gewährt ihr den Blick auf den blinden Sim, der von der bösen Paengdok umgarnt wird. Visionär verkündet der verzweifelten Sim Tjong ihre himmlische Mutter Ok-Jin, dass ihr Auftrag noch nicht zu Ende sei, dass sie Frau und Mutter werden müsse. Sim Tjong wird gebettet in eine Lotosblüte.
Diese gelangt im II. Akt zum Kaiser. Ohne den Grund zu wissen, wird der alte Sim zur Vermählung seiner Tochter mit dem Kaiser in den Palast geladen. Sim erzählt diesem seine Lebensgeschichte und bereut seinen Egoismus. Dadurch erlöst und sehend, kann er nun dem Paar den erbetenen Segen geben: »Segen erlöst. Sehen befreit« heißt es am Schluss.

Auch Sim Tjong fügt sich homogen in Yuns Gesamtwerk ein. Bei Kontrasten im einzelnen und dem charakteristischen spiralartigen Auf- und Vorwärts gelingt ein einziger großer Spannungsbogen: Schon am Beginn des Vorspiels scheint kurz jene clusternahe, eigenartig »saugende« Klangfläche der hohen Holzbläser und Streicher auf - ein Element, das Yun zumal im Zwischenspiel ausbaut, und das am Ende des II. Akts bedeutsam wiederkehrt. Es ist'musikalisches Material, das Yun auch in seinem ungefähr gleichzeitig komponierten Orchesterstück Dimensionen (1971) verwendet. Werden im Zwischenspiel die Ereignisse des Vorspiels und I. Akts dramatisiert und verdichtet, so gibt es zumal im II. Akt einen für Yun relativ rohen, kontrastierenden Schnitt zwischen der 1. Szene, in der das Aufeinandertreffen der Sim Tjong und des Kaisers von Anfang an als eine Begegnung der Liebenden charakterisiert wird, und der derben Musik der 2. Szene, in der Paengdok dem alten Sim mitteilt, dass sie sein Haus verkauft hat. Das Deklamierende und nach Erlösung Drängende, zu dem auch die in höchsten Lagen gleißenden Klangflächen beitragen, bricht in der Schlußszene vollends durch.

Die Märchenoper Sim Tjong erinnert unwillkürlich an die »Frau ohne Schatten« und wurde im Rahmen des Kulturprogramms der Olympischen Spiele in München am uraufgeführt. Das Libretto geht - auf hohem Niveau - über das frühe 20. Jahrhundert kaum hinaus. Die oft satte und blühende Musik verzichtet bei nur wenigen Ausnahmen (Mönchsszene, Auftritt der Seeleute) weitgehend auf Lokalkolorit. Nicht gering sind die rezitativischen - (halb) gesprochenen und sprechgesangsartigen - Anteile. Etwas schematisch »eingeschoben« erscheinen die zahlreichen die Szene kommentierenden Chöre. Der Artikulation des Gesangs haftet bei aller personenspezifischen Differenzierung einerseits, Intimität und dramatischer Wucht andererseits, doch auch etwas Lakonisches sowie Distanzierend-Objektives oder Episch-Berichtendes an: Den nur wenigen, durch Ornamentik kaum verschleierten, lang ausgehaltenen Tönen der in oft hohen und höchsten Lagen gesungenen Phrasen eignet trotz des bisweilen Ekstatisch-Entrückten auch ein vergleichsweise Statisches. Charakteristisch sind zudem die durch Crescendi und Akzente oft gleichsam »zielend« pointierten Phrasenabschlüsse und vor allem auch die steigernden Obergänge vom Singen zum Sprechen. Für europäische Ohren erscheint der Vokalpart fast als ein quasi instrumentales Teilsystem mit der Gestik einer »absoluten« und »reinen« Instrumentalmusik. Für diese Dramaturgie und die Behandlung der Singstimmen gibt es gleichwohl Entsprechungen im typisierenden Wahrheitsgehalt des Textes sowie im »Zeigenden« des ostasiatischen Theaters.
Walter-Wolfgang Sparrer

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