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Orchesterbesetzung

3(I,III=picc,II=afl).2(I,II=corA).2(II=bcl).bcl.2(II=dbn)-4.2.ttrbn.btrbn.1-timp(=sm bells,toy bells etc).perc(4):I=marimba/steel dr/3susp.cym/med water gong/sm bells/toy bells etc; II=marimba/steel dr/3susp.Chin cym/sm tam-t/2tgl/rain maker/TD(or lg tom-t)/sm bells/toy bells etc; III=vib/glsp/3susp.cym/sizzle cym/tam-t/4tuned gongs/water gong(med-sm)/sm bells/toy bells etc; IV=glsp/crot(2octaves)/tamb/1tuned gong/sm water gong/BD/pedal DB/4tom-t/SD/hi-hat/t.bells/sm bells/toy bells etc-harp-pft(prepared)-upright pft(=cel)-strings(14.12.10.8.6)

Abkürzungsverzeichnis (PDF)

Verlag:

Boosey & Hawkes / Bote & Bock

Vertriebsgebiet
Dieses Werk ist erhältlich bei Boosey & Hawkes in der ganzen Welt.

Verfügbarkeit

Uraufführung
08/03/2007
Philharmonie, Köln
Frank Peter Zimmermann, violin / Royal Concertgebouw Orchestra / Brett Dean
Anmerkungen des Komponisten

Es ist nicht allein so, daß die Kunst des Briefschreibens im Begriff ist verloren zu gehen – man könnte behaupten, daß das Schreiben mit der Hand selbst eine bedrohte Fertigkeit ist. Aspekte in der Erziehung meiner Töchter, insbesondere ihre starke Basierung auf elektronischen Stimuli, haben meine Ansicht bestärkt, daß wir in der Tat den Zugriff auf das taktile Element schriftlicher Kommunikation verlieren. Ein Artikel in einer australischen Zeitung weist jüngst darauf hin, daß der Anteil persönlicher Briefe an der Gesamtzahl der von Australia Post, der nationalen Postbehörde, bearbeiteten Sendungen von 50 Prozent im Jahr 1960 auf gegenwärtig 13 Prozent gesunken ist. Gewiß, wir sind wohl, via Telefon, E-Mail und SMS, mehr als je untereinander in Kontakt, aber auch dies hat unzweifelhaft die Natur unseres Kommunizierens verändert.

Solcherart waren die auslösenden Gedanken im Hintergrund meines Violinkonzerts ‘The Lost Art of Letter Writing’ (‘Die verlorene Kunst des Briefschreibens’), einem gemeinsamen Auftrag der Kölner Philharmonie und der Stockholmer Philharmoniker für den hochgeschätzten Solisten Frank Peter Zimmermann, dem das Werk mit meiner großen Bewunderung gewidmet ist. Jedem Satz steht der Auszug eines aus dem 19. Jahrhundert stammenden Briefes diesen oder jenen Charakters voran, die von privaten Liebesbriefen bis zum öffentlichen Manifest reichen. Jeder Titel bezieht sich auf den Ort und das Jahr der Niederschrift des Briefes. Die Violine spielt die wechselnden Rollen zugleich eines Verfassers und eines Empfängers von Briefen. Doch was vielleicht noch wichtiger ist: Der Solopart beschwört etwas von der Stimmung jedes der verschiedenartigen Briefe herauf.

Der erste Satz, „Hamburg, 1854“ bezieht sich auf eine der größten geheimen Romanzen der klassischen Musik – diejenige zwischen Johannes Brahms und Clara Schumann. Die Musik selbst nimmt Verbindung mit Aspekten von Brahms’ eigenen Werken auf: Das ruhelose Oszillieren von 32stel-Noten in den Anfangstakten zum Beispiel stammt aus einem kurzen Abschnitt im langsamen Satz seiner Vierten Symphonie – eine orchestrale Textur, die mich immer besonders fasziniert hat. Sie bildet einen wellenartigen Hintergrund, vor dem das Solo die Szene als briefschreibender Protagonist betritt und ein leidenschaftliches, persönliches Sendschreiben an ein unerwidert geliebtes Gegenüber ausspinnt. Ein Teil von Brahms’ frühen Variationen über ein Thema von Schumann findet sich ebenfalls verwoben in den Lauf des Satzes.

Der zweite Satz, „Den Haag, 1882“, ist ein ausgreifender, gebetsartiger langsamer Satz und bezieht seinen Kern aus einer Briefzeile von Vincent van Gogh, der die ewige Schönheit der Natur als eine Konstante in seinem sonst so sorgenvollen und notorisch unbeständigen Leben reflektiert.

Der dritte Satz, „Wien, 1886“, ist ein kurzes Intermezzo, erwachsen aus einem Satz meines jüngsten Liederzyklus mit dem Titel Wolf-Lieder. Es ist die Vertonung eines Ausschnitts aus einem von Hugo Wolfs Briefen an einen engen Freund – wiederum ein freimütiger Gefühlsausdruck aus einem Leben voller Bedrängnis.

Der Schlußsatz findet seine Inspiration in dem berühmten „Jerilderie-Brief“ von Ned Kelly, einem Outlaw in der australischen Wildnis. Kelly schrieb seinen Brief im Jahr 1879 in der ländlichen Kleinstadt Jerilderie als ein öffentliches Manifest, um in jenen Tagen der Kolonialherrschaft sein Plädoyer für die Unschuld seiner Familie ebenso wie anderer armer irischer Siedler im Nordosten Victorias sowie den Wunsch nach Gerechtigkeit zum Ausdruck zu bringen. Hier nimmt die Musik den Charakter eines verzweifelten ‘moto perpetuo’ an und braust durch Abschnitte von beträchtlicher Virtuosität, die aber immer das Kellys berühmtem Dokument innewohnende Gefühl einer drohenden Katastrophe widerspiegeln.

© Brett Dean 2006 (Übers.: Jens Luckwaldt)

Abdruckrechte
Dieser Werkkommentar kann in Programmheften unter Nachweis des Autors kostenlos abgedruckt werden

Hintergrund

Siehe auch:
Kerstin Schüssler-Bach: "'Distant memories'. Clara Schumann-Reminiszenzen in der Musik von Brett Dean", in: Festschrift Beatrix Borchard, Hamburg 2016, unter dem Link:
http://mugi.hfmt-hamburg.de/Beatrix_Borchard/distant-memories/

Pressestimmen

"Dean gehört nicht zu den Komponisten, deren Uraufführungen die einzigen Aufführungen bleiben... Er schreibt virtuos, aber hervorragend spielbar fürs Streichinstrument. Zimmermann geht seinen Part genußvoll an; voller Zurückhaltung haucht er den lyrischen Passagen Leben ein. The Lost Art of Letter Writing ist höchst aufrichtig und gehaltvoll – Kunst ohne Anmaßung oder Kniffe." (Shirley Apthorp, Financial Times, 11.03.2007)

Empfohlene Aufnahme
cd_cover

Frank Peter Zimmermann, violin / Sydney Simphony / Jonathan Nott
BIS-2016 (SACD)

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