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Eine Einführung in die Musik Druckmans
von Mark Swed

Im Zentrum der Werke von Jacob Druckman steht die dramatische Geste – kühn, selbstsicher und oft fesselnd, weil sie so plastisch wirkt. In einem Zeitraum von 40 Jahren hat seine Musik mehrere Stilarten durchschritten – von den ersten veröffentlichten Partituren wie dem neoklassischen Divertimento aus dem Jahre 1950 und den experimentellen Stücken der sechziger Jahre für Elektronik und herkömmliche Instrumente, bis hin zu den farbenprächtigen Kompositionen für Orchester der siebziger Jahre. Er schuf seine Musik für eine Vielzahl von kompositorischen Mitteln – für Instrumente, Elektronik und Singstimme – und es ist eine Musik, die vom rein Abstrakten bis hin zum ausdrücklich Theatralischen reicht.

Druckmans unfehlbares Gespür für die starke Wirkung und Präsenz von Klang ist schon von den ganz frühen Stücken an zu erkennen. Deren rhythmische Fülle und die melodischen Höhepunkte, die sich unauslöschlich einprägen, scheinen auf die Erfahrungen des jungen Komponisten als Geiger, Dirigent und Jazztrompeter zurückzugehen. Aber in dem Maße wie sich seine Komponistionen für Instrumente und Singstimmen verfeinerten, so fand Druckman immer originellere Mittel, um intensive und komplexe dramatische Situationen auszudrücken. In Werken wie denen der Animus-Serie wird das Drama zu einem Erlebnis, von dem man im Kern getroffen wird, da es so elementar Menschlisches wie Wahnsinn, Gewalt und Sexualität erforscht. In einem extremen Beispiel, einem überaus virtuosen Stück für Solo-Kontrabaß mit dem ironischen Titel Valentine verlangt Druckman vom Solisten, daß er sein Instrument mit beinah sadistischer Wildheit attakiert.

Druckmans Partituren haben jedoch schon immer auch einen anderen Wesenszug: eine sorgfältige Struktur, die peinlich genau auf Einzelheiten eingeht. Diese zwei Seiten seines Charakters zu integrieren – den leidenschaftlich physischen Ausdruck mit der kühlen intellektuellen Anordnung von Tonhöhen und Rhythmik – ist ein beständiger Faktor in der Entwicklung des Komponisten gewesen.

Solch klassische und romantische Aspekte seiner Musik – Druckman hat sie mit den Worten apollinisch und dionysisch beschrieben – prallen in einigen seiner neuesten Werke heftig aufeinander, wo er Strukturen auf musikalischen Querverweisen aufbaut. Wie es für ihn typisch ist, hat Druckman musikalische Zitate auf höchst dramatische Art und Weise eingesetzt. In Delizie contente che l'alme beate (1976) für Bläserquintett und Tonband, schweben Tonfetzen einer Arie und Cavallis Oper II Giasone auf seltsamer Weise durch die Partitur; während Druckman in Aureole (1979) Leonard Bernstein mit einer glanzvollen Konstruktion ehrt, die auf der Tonfolge der 'Kaddish'-Melodie aus Bernsteins Dritter Symphonie aufgebaut ist.

Ein Beispiel für die Integration sämtlicher Aspekte von Druckmans musikalischer Persönlichkeit bietet sein am häufigsten aufgeführtes Orchesterstück Prism (1980), in dem die drei verschiedenen Sätze auf Zitaten aus drei Medea-Opern von Charpentier, Cavalli und Cherubini basieren. In jedem Satz von Prism reagiert Druckman anders auf die ältere Musik aus den Medea-Opern, sei es indem er versucht, sie sanft und schmeichelnd ins 20. Jahrhundert zu befördern oder sie aggressiv zu zerstückeln. Folglich spielt sich das Drama hier auf mehreren Ebenen ab: manchmal stehen musikalische Epochen in direktem Gegensatz zueinander, dann wieder scheint der Konflikt von dem Opernstoff bedingt zu sein. Doch immer schöpft Druckman voll und ganz den Reichtum seiner orchestralen Möglichkeiten aus, um eine herrlich abwechselnde Tonlandschaft zu schaffen, die den Zuhörer schnell in eine exotische Welt entführt, die aber zugleich auf die Probleme unserer von Konflikten geschüttelten Zeit Bezug nimmt.

Mark Swed, 1996
(Chefkritiker der Los Angeles Times)

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