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Scoring

2(II=picc).2.2.2-4.2.2.1-timp.perc(2):5susp.cym/vib/tamb/5tpl.bl/tam-t/5tom-t/SD/xyl/2tgl-harp-strings

Abbreviations (PDF)

Publisher

B&B

Territory
This work is available from Boosey & Hawkes in der ganzen Welt.

Availability

Uraufführung (vollst.)
20/01/1987
Liederhalle, Stuttgart
Akiko Tatsumi, violin / Stuttgarter Philharmoniker / Wolf-Dieter Hauschild
Programme Note

Die drei Sätze von Yuns Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 wurden zu verschiedenen Zeiten und für verschiedene Anlässe komponiert; sie können auch einzeln aufgeführt werden. Gleichwohl erweckt die Aufführung des 35-minütigen Gesamtwerks einen in sich stimmigen Eindruck, der nur zum Teil dem relativ homogenen symphonischen Spätstil Isang Yuns zu verdanken ist. Für ein Anti-Atom-Konzert des Japan Philharmonic Orchestra entstand zuerst der zweite Satz Dialog SchmetterlingAtombombe. Neben Yuns Cho to genbaku no taiwa, wie der japanische Titel lautet, wurden am 8. Juli 1983 unter der Leitung von Hiroyuki Iwaki in der Hibiya Hall in Tokyo mehrere Werke japanischer Komponisten erstmals aufgeführt. Von Anfang an hatte Yun die Absicht, diesen Dialog in den größeren Zusammenhang eines zweiten Violinkonzerts einzubetten. Im folgenden Jahr 1984 entstand der erste Satz mit dem Titel Festliches Präludium, doch erst am 15. Februar 1986 konnte Yun den zweiteiligen dritten Satz vollenden: Adagio und Finale.

Das Festliche Präludium (1984) komponierte er für ein Festkonzert der Südwestfälischen Philharmonie zum 75. Geburtstag von Rolf Agop, dem langjährigen Chefdirigenten dieses Orchesters. Rolf Agop hatte Isang Yun 1976–84 bei der Ausrichtung der "Studienwoche junge Komponisten" unterstützt, einer Werkstatt neuer Musik, bei der Kompositionsschüler aus bundesdeutschen Musikhochschulen ihre Werke vorstellen konnten und auch mit Aufführungen rechnen durften.

Das Festliche Präludium entfaltet Yun in dem für seine symphonische Periode so typischen Gestus aus festlich-schwelgerischer Sehnsucht einerseits und zielstrebig-kämpferischem Impetus andererseits. Zwischen Soloinstrument und Orchester besteht von Anfang an ein dialogisches Verhältnis, wobei die Solo-Violine fast durchgängig den aktiven, führenden Part übernimmt. Durch die lineare Gestaltung, die Bezogenheit auf den einen "Haupt"- oder Zentralton und die Bevorzugung diatonischer Intervall-Konstellationen erreicht Yun einen typisch koreanischen Tonfall, der gelegentlich sogar motivisch-thematische Elemente enthält. Der flexible Verlauf folgt einer Dramaturgie steter Ausweitung und führt zu fast dramatischen Steigerungen. Die Solokadenz ist als reflexives Innehalten in den symphonischen Fluss eingebettet, wobei sich die abrupten Wechsel von Solo und Tutti nach der Kadenz konflikthaft verschärfen. Der Satz endet mit einem Tuttischlag bei Takt 117. Dass hier private Zahlensymbolik hineinspielt, zeigt der Umstand, dass als Yuns Geburtstag der 17. September 1917 gilt. Das Festliche Präludium symbolisiert die Sehnsucht nach Freiheit und Frieden, thematisiert aber auch die Widerstände auf diesem Weg. Es zielt unmittelbar auf den Eintritt des Dialogs.

Mit einem "Schmetterling" verbinden sich im ostasiatischen Kulturraum mehrere Bedeutungen: Er symbolisiert einen alten Mann oder einen Verliebten, steht aber auch für langes Leben und die Unsterblichkeit der Seele, für Auferstehung und Wiedergeburt. Die Bombe übersetzt Yun eher symbolisch als Rückblick auf eine verbrannte Erde und gestaltet den Dialog SchmetterlingAtombombe (1983) in einer quasi irrealen oder surrealistischen Atmosphäre. Dem unbegleiteten Violinsolo aus zartesten Flageolettklängen antwortet die sordinierte Blechbläsergruppe leise und dumpf mit marschartigen Impulsen, die auf die militaristische Herkunft der Bombe verweisen. Der "Schmetterling", die Violine, findet Partner ("Helfer") in der Solo-Flöte, den Streichern und Holzbläsern. Sie stehen den Blechbläsern und Pauken zunächst unversöhnlich gegenüber. Der Dialog mit der Blechbläsergruppe vollzieht sich sukzessive. Erstmals gleichzeitig erklingen diese gegensätzlichen Klangwelten in der Kombination von Horn und Solo-Violine. Steigernd folgen dieser ersten Begegnung Tutti-Einwürfe sowie unruhige Gesten der Solo-Violine mit Harfe. Es dominiert das dialogische Nacheinander. Auch das gleichzeitige Spiel der Gruppen verläuft beziehungslos. Ihre gegensätzlichen Idiome werden in diesem Satz nicht aufgelöst. Yun gelangte hier zu schattenhaft unwirklichen Klangwirkungen. Er thematisiert die Begegnung mit der Bombe nicht als atomare Katastrophe, sondern eher den Zustand danach: ein naiver Schmetterling trifft auf zerstörte, sterbende, zuckende Reste und erlebt gelegentlich auch kleine explosive Ausbrüche.

Die Überlegung, den Dialog als langsamen Satz ins Violinkonzert zu integrieren, verwarf Isang Yun bald. Er fühlte, dass dem Finale noch ein Stück Trauerarbeit in Form eines langsamen Satzes vorausgehen müsse. So entstand die zweiteilige Form Adagio und Finale (1985/86), die bereits von Robert Schumann erprobt wurde. Die Solo-Violine kombiniert Yun hier zunächst mit der klagenden Stimme der Posaune. Der Trauergesang der Violine weitet sich aus und öffnet sich den Orchestergruppen; er wird zugleich zu einer Hommage an das Schöne. Die Erinnerung an den Dialog hallt hier jedoch nach, indem einige Motive des zweiten Satzes mahnend wiederkehren. Die erregte Atmosphäre, die dadurch erzeugt wird, mündet in einen Monolog der Solo-Violine, der den langsamen Satz beschließt.

Das lebhafte Finale beginnt als tänzerisches Perpetuum mobile mit einem charakteristischen Viertonmotiv an den Phrasenenden. Das Orchester greift die scheinbar optimistische Vitalität des Soloinstruments auf. Kontrastierend erklingt ein Blechbläser-Einwurf, dem die Streicher trotz einiger Gegenkräfte im fast hymnischen Ton antworten. Dieses gleichwohl turbulente Tutti härtet den weiteren Verlauf. Als zweiter kontrastierender Einschub erscheint abermals eine Solokadenz vor dem fast triumphalen Ende.
Walter-Wolfgang Sparrer (2004)

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