Lichtspuren

Die Form des Klaviertrios, die bekanntlich ihre Verankerung in der klassisch-romantischen Epoche hat, von gegenwärtigen kompositorischen Vorstellungen neu zu durchdringen, schien mir eine reizvolle Aufgabe. Was galt es zu bewahren? Welche neuen Perspektiven ergeben sich aus völlig veränderter Klanglichkeit? Tragend war und blieb das Ziel einer gleichgewichtigen Verschmelzung der drei Instrumente. Das Rhythmische dagegen, bisher weitgehend vom Klavier dominiert, konnte in vielfältiger instrumentaler Durchdringung neue Perspektiven entfalten, die dann für die Gesamtgestalt tragend werden.

So ergibt sich in der Dreisätzigkeit ein neues Verhältnis der Sätze zueinander, über den Kontrast hinaus im Aufgreifen, Entwickeln und Verwandeln der im kompositorischen Prozeß geformten motivisch-thematischen Elemente.

Lichtspuren – als Titel – deutet auf die Macht des flutenden Lichtes, hat aber gleichzeitig innerkompositorischen Bezug zu aufleuchtend tragenden musikalischen Brückenschlägen.
Der erste strömende Satz möchte als Klangeröffnung erlebt werden. Mit dem Quasi-agitato-Charakter des zweiten Satzes beginnt, zunächst in den Streichinstrumenten, dann im solistischen Klavier das motivische Spiel, in immer wechselnden Bezügen bis zur äußersten Steigerung getrieben. Satz drei – Introduktion, Thema, Variationen und, deutlich abgehoben, der Epilog – ist geprägt vom Doppelaspekt: Rückblick und Kulmination des Werkes. Die Variationen, miteinander verflochten, führen endlich in die Sphäre des Epiloges, der schwebend, wie vom Licht überglänzt, erscheinen möge.

Frank Michael Beyer, Januar 2008