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Am 23. Oktober 2023 jährt sich der der Geburtstag Ned Rorems zum 100. mal. Der im Jahr zuvor in New York verstorbene Komponist und Schriftsteller zählt zu den originellsten Persönlichkeiten der US-amerikanischen Musik. Anfang der 1950er Jahre machte er das Pariser Kulturleben unsicher.

Vom TIME Magazine als „weltweit bester Komponist von Kunstliedern“ gefeiert, besaß Rorem eine natürliche Begabung, Musik und Wort miteinander in Einklang zu bringen. Seine Musik widersetzte sich den seinerzeit populären seriellen Techniken und fand große Resonanz in der Öffentlichkeit: 1976 wurde er mit dem Pulitzer-Preis und 1989 mit einem GRAMMY ausgezeichnet. Der am 23. Oktober 1923 in Richmond, Indiana, geborene Rorem wuchs in einer pazifistischen Quäker-Familie auf, bemerkte aber später, dass seine Angehörigen „sich nicht um den Teil mit Gott kümmerten, sondern nur um den Teil mit dem Frieden“. Als Zehnjähriger erhielt er ersten Klavierunterricht bei Margaret Bonds in Chicago und studierte ab dem Alter von 15 Jahren Musiktheorie am American Conservatory bei Leo Sowerby, dem „Vater der amerikanischen Kirchenmusik“.

1940 schrieb sich Rorem an der Music School of Northwestern University ein, verließ diese aber, nachdem er ein großzügiges Stipendium für das Curtis Institute in Philadelphia erhalten hatte. Dieses Stipendium gab er jedoch ebenfalls auf, um als Kopist für Virgil Thompson in New York zu arbeiten und mit 20 Dollar und Kompositionsunterricht entlohnt zu werden. Schließlich machte er seinen Bachelor (1946) und Master (1948) an der Juilliard School of Music. Hier hatte er bei Bernard Wagenaar studiert, zwei Sommer in Tanglewood unter der Anleitung von Aaron Copland verbracht und den mit 1.000 Dollar dotierten George Gershwin Memorial Prize für Komposition erhalten. In New York verdingte er sich als Klavierbegleiter der Tänzerin Martha Graham und der Sängerin Éva Gauthier an.

Im Mai 1949 zog Rorem im Alter von 25 Jahren nach Paris, die Metropole der Intellektuellen und damals eine Stadt, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg mitten im Wiederaufbau befand. Er blieb acht Jahre lang in Frankreich – mit einem zweijährigen Abstecher nach Marokko – und setzte seine Studien bei Arthur Honegger fort. Schon bald wurde er Protegé der Vicomtesse Marie-Laure de Noailles, die er als „George Washington in einer Dior-Robe“ bezeichnete und die ihn mit Poulenc, Auric, Milhaud, Cocteau und anderen einflussreichen Vertretern der Pariser Kunstszene bekannt machte.

Rorem kehrte 1957 in die Vereinigten Staaten zurück, ließ sich in Manhattan nieder und verbrachte die Sommermonate oft in Nantucket. Von 1959 bis 1961 war er Composer in Residence an der University of Buffalo und von 1966 bis 1967 an der University of Utah. Im Jahr 1980 berief ihn John de Lancie als damaliger Direktor des Curtis Institute zum Leiter der seit einigen Jahren ruhenden Kompositionsfachschaft. Rorem unterrichtete dort bis 2003.

Rorems Werke umfassen nahezu alle klassischen Formen und Gattungen. Als einer der zweifellos produktivsten Künstler seiner Generation bemerkte er einmal: „Ich kann alles vertonen, auch ein Lexikon.“ Er schrieb über 500 Lieder, denen er Texte von einigen der wichtigsten Dichterinnen und Schriftstellerinnen seiner Zeit zugrunde legte, darunter Gertrude Stein, John Ashbery, Robert Frost, Sylvia Plath, E. E. Cummings, Theodore Roethke, Frank O’Hara und Elizabeth Bishop.

Neben seinen Liedern komponierte Rorem drei Sinfonien, vier Klavierkonzerte, Kammermusik für alle Besetzungen, acht Opern, Chorwerke aller Art, Ballette und andere Theatermusik. 1976 erhielt er einen Pulitzer-Preis für Musik für seine Orchestersuite Air Music. Seine letzte Oper Our Town (2005) – mit einem Libretto von J. D. McClatchy und die erste Oper nach dem gleichnamigen Theaterstück von Thorton Wilder – wurde für ihre reflexive Qualität und ihren pragmatischen Umgang mit dem amerikanischen Klassiker gelobt.

Rorem veröffentlichte auch 16 Bücher; besonders bekannt sind seine provokativen Tagebücher. In einem Interview mit der Paris Review sagte er: „Neun von zehn Menschen, die meine Musik gespielt haben, hatten nicht die leiseste Ahnung, dass ich Bücher geschrieben habe, und sicherlich kannten die Menschen, die die Tagebücher gelesen haben, meine Musik nicht.“

Ned Rorem lebte seine Homosexualität offen aus – auch als dies in den Vereinigten Staaten noch strafbar war. In seinem Nantucket-Tagebuch schrieb er: „Ich bin ein Komponist, kein schwuler Komponist ... Jeder kann schwul sein – das ist keine Leistung –, aber nur ich kann ich sein.“ Über 30 Jahre lebte er mit seinem Partner James Holmes zusammen, bis dieser 1999 verstarb. Rorem hinterlässt sechs Nichten und Neffen sowie elf Großnichten und -neffen.

Zeitlebens wurde Rorem mit zahlreichen Preisen geehrt: Neben einer Reihe von Ehrendoktorwürden erhielt er ein Fulbright-Stipendium (1951), ein Guggenheim-Stipendium (1957), eine Auszeichnung des National Institute of Arts and Letters (1968), einen GRAMMY Award in der Kategorie „Outstanding Orchestral Recording“ (1989), drei ASCAP-Deems Taylor Awards, die Auszeichnung als Composer of the Year der Zeitschrift „Musical America“ (1998), eine Goldmedaille für Musik der Academy of Arts and Letters (2003; Präsident 2000-03) und den französischen Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres (2001).

Mit seinem breitgefächerten musikalischen Werk, seinem scharfsinnigen Witz und seinem pointierten Schreibstil war Ned Rorem eine Persönlichkeit von Format.

„Ich glaube nicht, dass Komponisten ihre Stimmungen niederschreiben, sie sagen der Musik nicht, wohin sie gehen soll – sie führt sie.“
Ned Rorem, Lies, 2000

2020 erschien unsere englischsprachige Sonderpublikation zu Leben und Werk von Ned Rorem:
> Hier lesen (PDF-Download)
 

Foto: Ned Rorem (© Christian Steiner)

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