Sikorski
„In der Erzählung ‚Ein Bericht für eine Akademie‘ berichtet ein Affe über seine Menschwerdung bzw. über seine Züchtigung und Züchtung zum Menschsein und zum angeblich Menschlichen. Er hat diese Verwandlung erfolgreich bestanden und steht dazu. Seine Seele und seinen Geist hat er ebenso dem Tauschgeschäft Früher-Tier-jetzt-Mensch verkauft. Der Affe heißt Rotpeter und hat durch die Firma Hagenbeck bei seiner Gefangennahme nicht nur Schüsse in den äffischen Po erhalten, sondern auch literweise Rotwein in seinen Hals. Er singt trunken ‚mit dem glückseligen Heulen des Unverstandes‘ (Kafka). Er singt sein Trinklied vom Jammer der Erde.
Die Uraufführung fand am 28. August 2004 im Rolf-Liebermann-Saal des NDR Hamburg im Rahmen des SHMF statt. Die Interpretation bestritten TeilnehmerInnen des Meisterkurses für zeitgenössisches Lied von Aribert Reimann. (Jan Müller-Wieland)
Kafkas Werke als Anregung und Vorlage für die Musik bedeutender Komponisten: Es ist die Frage, ob sich der Prager Autor, der Zeit seines Lebens eine eher obskure Existenz abseits der literarischen Öffentlichkeit führte, dies hätte träumen lassen. Aber schon seit den siebziger Jahren haben Kafka-Texte in der zeitgenössischen Musik Konjunktur. Die aphoristischen Beobachtungen Kafkas fanden erstmals in György Kurtágs „Kafka-Fragmenten“ von 1985/86 ihre kongeniale musikalische Umsetzung – vierzig Fragmente aus den Tagebüchern von Franz Kafka werden hier zu einem Mosaik hochexpressiver musikalischer Miniaturen verarbeitet. Für den israelischen Komponisten Gideon Lewensohn wiederum ist Franz Kafka der Gegenstand einer lebenslangen künstlerischen Auseinandersetzung – in seinem „Odradek Quartet“ komponiert er eine Vielzahl flüchtiger, anspielungsreicher Gesten, die an Kafkas skurrile Figur gleichen Namens gemahnen. Seit seinem Musiktheaterwerk „Das Schloss“ gilt auch der Komponist Aribert Reimann als ein Kafka-Kenner ganz eigener Art.
Für die Konzertreihe „Anbruch“ hatte Reimann eine Auswahl von Liedvertonungen nach Texten von Kafka mit einer Meisterklasse des Schleswig-Holstein Musik Festivals einstudiert. Seine Studenten widmeten sich u.a. vier Uraufführungen von Kafka-Liedern, die im Auftrag des NDR entstanden sind. Eine davon stammt von dem gebürtigen Hamburger Jan Müller-Wieland. Der Komponist sagt über seine Kafka-Vertonung „Rotpeters Trinklied“:
„In der Erzählung ‚Ein Bericht für eine Akademie’ berichtet ein Affe über seine Menschwerdung bzw. über seine Züchtigung und Züchtung zum Menschsein und zum angeblich Menschlichen. Er hat diese Verwandlung erfolgreich bestanden und steht dazu. Seine Seele und sein Geist hat er ebenso dem Tauschgeschäft Früher-Tier-jetzt-Mensch verkauft. Der Affe heißt Rotpeter und hat durch die Firma Hagenbeck bei seiner Gefangennahme nicht nur Schüsse in den äffischen Po erhalten, sondern auch literweise Rotwein in seinen Hals. Er singt trunken ‚mit dem glückseligen Heulen des Unverstandes’ (Kafka). Er singt sein Trinklied vom Jammer der Erde.“
Die Uraufführung fand am 28. August 2004 im Rolf Liebermann-Studio des NDR Hamburg im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festival statt.