Sikorski
Moritz Eggerts Vokalwerk „Papyrus der Sappho (Tithonus)“ für Sopran und Klavier wurde am 8. Dezember 2017 von Andreas Oswald (Sopran) und Gerold Huberr (Klavier) im Rahmen des Festivals ADEvantgarde in München uraufgeführt. Der Komponist bezieht sich hier auf Texte eines 2004 rekonstruierten Fragmentes, das in der Papyrussammlung des Instituts für Altertumskunde an der Universität Köln lagert. Der Komponist bemerkt, dass die ergänzten bzw. unleserlichen Stellen auch in der Vertonung hervorgehoben werden und mit verändertem, neutralerem Ausdruck zu singen sind.
Der Text lautet:
(1 [ ] der purpurgegürteten
[Musen] schöne Gaben, Mäd-
chen,
2 [ ] die den Gesang liebende,
helltönende Leier.
3 [Ergriffen hat mir (?)] die einst
[zarte] Haut das Alter schon,
4 [weiss] geworden sind die Haare
aus schwarzen;
5 schwer ist mir das Herz (thymos)
gemacht worden, die Knie
(gona) tragen nicht,
6 die doch einst leicht waren zu
tanzen, jungen Rehen gleich.
7 Das beseufze ich oft. Aber was
kann ich machen?
8 Alterslos kann man nicht wer-
den, wenn man ein Mensch ist.
9 Denn sagte man auch über Ti-
thonos, dass einst die rosenarmi-
ge Eos
10 ihn aus Liebesverlangen (?) zum
Ende der Erde getragen habe,
11 den schönen und jungen, aber
dennoch ergriff ihn
12 mit der Zeit das graue Alter, ob-
wohl er doch eine unsterbliche
Gattin hatte.
(Sappho)