Oil Today Water Tomorrow
(2025)The electronic music part can be obtained from Boosey & Hawkes | Sikorski Berlin
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Sikorski
„Künstler reflektieren die Welt, in der sie leben und arbeiten. Die Rolle der Kunst besteht aber auch darin, mögliche Welten zu offenbaren. Solche parallelen Realitäten lassen sich oft am besten durch abstrakte Kunst ausdrücken – wovon Instrumentalmusik immer eine Form ist. Eine künstlerische Aussage kann so einfach sein wie die Darstellung der Realitätserfahrung des Künstlers.
Klimawandel, Artensterben, Umweltzerstörung, Meeresverschmutzung … Der menschliche Fußabdruck auf diesem Planeten ist erschreckend geworden. Wir behandeln die Erde, als wären wir ihre einzigen Bewohner und rechtmäßigen Eigentümer. Unser grenzenloser Egoismus macht uns blind für die Notwendigkeit von Veränderung. Wie der sprichwörtliche Frosch im Topf springen wir nicht weg, während das Wasser um uns herum stetig zum Kochen kommt.
Dieser Gedanke hat mich dazu gebracht, die sogenannte ‚Extinction Trilogy‘ zu komponieren. Der erste Teil, das Streichoktett ‚Swarm‘ (2020), untersucht das eskalierende Artensterben durch menschliche Aktivitäten, während ‚Biodegradable Kiss‘ (2024), geschrieben für Flöten und Schlagzeug, die Umweltverschmutzung in den Mittelpunkt stellt.
Der letzte Teil der Trilogie trägt den Titel ‚Oil Today Water Tomorrow‘. Dieses Stück erinnert an das alarmierende Tempo, mit dem wir auf eine Katastrophe zusteuern. Noch immer werden Kriege um Öl und andere fossile Brennstoffe geführt, doch mit dem beschleunigten Klimawandel wird selbst sauberes Wasser zur Ware – etwas, das gekauft, verkauft und als Erpressungsmittel eingesetzt werden kann. Wir stehen bereits am Rande von Kriegen um den Zugang zu Süßwasser. In solchen Konflikten wird es keine wahren Gewinner geben.
‚Oil Today Water Tomorrow‘ wurde von der Saxophonistin Anna-Sofia Anttonen in Auftrag gegeben und Ende 2024 fertiggestellt. Es ist sowohl ein Solostück als auch Kammermusik: Die Interpretin spielt Bariton- und Sopransaxophone und tritt dabei in eine Art Dialog mit elektronischer Musik.
Der elektronische Teil besteht größtenteils aus Saxophonklängen, die jedoch verändert und vom natürlichen Klang des Instruments entfernt wurden. Die etwa zwölfminütige Komposition ist ein Diptychon. Die erste Hälfte, gespielt auf einem Baritonsaxophon, steuert auf einen lauten und gewalttätigen Kriegsakt zu, der in einer intensiven und brutalen Schlacht gipfelt. Die zweite Hälfte (Sopransaxophon) ist ruhig und nachdenklich und lässt den Hörer mit der Frage zurück: Ist nach einer solchen Schlacht überhaupt noch Überleben möglich?
Die Uraufführung von ‚Oil Today Water Tomorrow‘ findet am 3. Juli beim renommierten Festival für zeitgenössische Musik ‚Time of Music‘ in Viitasaari, Mittelfinnland, statt. Auch in seinem fünften Jahrzehnt beleuchtet das Festival weiterhin die neuesten Entwicklungen der zeitgenössischen Musik. Es ist eine große Ehre und Freude, dieses Werk in sein Programm aufzunehmen.“ (Osmo Tapio Räihälä)