Expand
  • Find us on Facebook
  • Follow us on Twitter
  • Follow us on Instagram
  • View Our YouTube Channel
  • Listen on Spotify
  • View our scores on nkoda

Ein Portrait im Rahmen unserer Serie: Komponistinnen bei Boosey & Hawkes

Werdegang

Das künstlerische Selbstverständnis von Olga Neuwirth (geb. 1968) bezieht seit jeher multiple ästhetische Erfahrungen aus Film, Literatur, Bildender Kunst, Naturwissenschaft und Alltagskultur ein. Sie zählt zu den herausragenden Stimmen der Neuen Musik und zu den international profiliertesten Komponistinnen. Mit ihrer genreübergreifenden Kunst war sie in den 90er-Jahren Pionierin der audiovisuellen Komposition.

Schon als Siebenjährige erhielt Olga Neuwirth Trompetenunterricht. Doch eine Laufbahn als Instrumentalistin schlug sie nicht ein:

    Nachdem ich durch einen schweren Autounfall mit 15 Jahren auch das Spielen auf meinem Instrument, der Trompete, verloren hatte, begann ich, angeregt durch einen Workshop mit Hans Werner Henze, zu komponieren, um mein Inneres zu verarbeiten.

Am San Francisco Conservatory of Music und am Art College nahm sie ein Studium der Bereiche Musik, Malerei und Film auf. In Wien führte sie ihre Studien an der Hochschule für Musik und Darstellenden Kunst sowie am Elektroakustischen Institut weiter. Wesentliche Anregungen erhielt sie durch die Begegnungen mit Adriana Hölszky, Tristan Murail und Luigi Nono.

Internationale Aufmerksamkeit erlangte sie erstmals 1990 mit zwei Kurzopern nach Texten von Elfriede Jelinek für Ensemble und Elektronik bei den Wiener Festwochen. Als weiteres Durchbruchswerk bezeichnet Olga Neuwirth Bählamms Fest (1994), ein „immersives Erlebnis mit elektronischem surround-sound und dem morphing eines Wolfes in einen Countertenor“. In der Video-Oper Lost Highway (2003) nach David Lynchs gleichnamigen Film, uraufgeführt durch das Klangforum in Graz, mit Folgeaufführungen in New York, London und an der Oper Frankfurt, zeigte sie eine innovative Komplexität in der Verschränkung von Video und Musik. Gefeiert als „Lichtgestalt der Avantgarde“ (Süddeutsche Zeitung) setzte sie ihre experimentelle Erkundung von akustischen und visuellen Phänomenen fort. Hinsichtlich dieses Schaffensstrangs zählt Olga Neuwirth zu den wichtigsten Werken die beiden oben genannten Werke sowie Kloing! (2008)

    mit wissenschaftlichen Erdbebendaten aus der Grotta Gigante in Triest für Computer-gesteuerten Bösendorfer-Flügel, Live Pianist und VJ, Le Encantadas o le avventure nel mare delle meraviglie (2015) für sechs im Drittelton-Abstand zueinander verstimmte und im Raum verteilte Ensembles nach akustischen Daten der Chiesa San Lorenzo in Venedig und das Musiktheater Orlando (2019) nach Virginia Woolf an der Wiener Staatsoper als erste Frau in der 150-jährigen Geschichte des Hauses.

Olga Neuwirth wurde mit etlichen Preisen ausgezeichnet, u. a. dem Heidelberger Künstlerinnenpreis, Ernst von Siemens Förderungspreis, dem Großen Österreichischen Staatspreis, dem Deutschen Musikautorenpreis und dem Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst. Sie ist seit 2006 Mitglied der Akademie der Künste Berlin und seit 2013 Mitglied der Akademie der Künste München. Ihre bis 2000 und ab 2009 entstandenen Werke sind bei Ricordi verlegt.


Anregungen

Ihre Inspiration gewinnt Olga Neuwirth aus einer breitgefächerten Skala:

    Alles, was mich umgibt und von jeher interessiert: Neurologie, Literatur, Politik, Film, Animation, Mode, Bildende Kunst und jede Art von Musik.

Ein besonderer Fokus liegt auf einem interdisziplinären und alle Sinne ansprechenden Ansatz:

    Meine Arbeit sollte immer alle Gattungen überspannen und Grenzen überschreiten, die von Menschen gesetzt wurden und werden. Und ich habe von Anfang an gesellschaftspolitische Fragen gestellt, um Visionen zu entwickeln, denn es scheint, dass man nur in der Kunst noch Visionen ausdrücken kann – und nicht nur alte Gedanken wie heruntergefallene Blätter reproduziert. Daher ergab sich ein immer deutlicherer Weg von der Heteronomie zur Freiheit, repräsentiert durch einen eigenständigen Stil, der schwer zu definieren ist, da frei von Normen und Ritualen.

Olga Neuwirths Lust an der Auseinandersetzung mit Musik aller Epochen und Gattungen kennt viele Vorbilder:

    Um einige zu nennen: Varèse, Mozart, Mahler, Lachenmann, Nono, Patti Smith, Beastie Boys, Klaus Nomi, Miles Davis, das Chicago Art Orchestra und Kraftwerk.

Zusammenarbeit

Olga Neuwirths Musik wird von den bedeutendsten Interpret*innen der aktuellen Musikszene gespielt, wie dem Arditti Quartet, Ensemble Phace, dem Ensemble Modern, Klangforum Wien oder dem Ensemble Intercontemporain. Solokonzerte wurden u. a. von Håkan Hardenberger (…miramondo multiplo…, 2006) und Antoine Tamestit (Remnants of Songs … an Amphigory, 2009) uraufgeführt. Dirigenten wie Pierre Boulez, Peter Eötvös, Valery Gergiev, Daniel Harding, Susanna Mälkki und Matthias Pintscher führten ihre Kompositionen auf. Sie ist Gast auf Festivals und in Konzertsälen wie u. a. Cité de la musique, Festival d’Automne Paris, Donaueschinger Musiktage, IRCAM, Holland Festival, den Salzburger Festspielen, Wien Modern, Carnegie Hall NYC und Royal Albert Hall London. 2002 und 2016 war sie Composer in Residence beim Lucerne Festival und 2019 Fokus-Komponistin an der Elbphilharmonie Hamburg und bei den Berliner Festspielen.

Aus Olga Neuwirths vielfältigem Interesse heraus entstanden auch verschiedene Klanginstallationen, Ausstellungen, Theater- und Filmmusiken und eine Einladung zur internationalen Kunstschau documenta 12 in Kassel. Für das Musiktheater … ce qui arrive… (2004) arbeitete sie mit Paul Auster und Georgette Dee zusammen. Sie hat auch immer wieder mit der Experimental-Jazz- und Improvisation-Szene kollaboriert, so u. a. mit Robyn Schulkowsky, Fred Frith, David Moss und Burkhard Stangl.

*

Olga Neuwirth – ausgewählte Werke bei Youtube:
in the realms of the unreal für Streichquartett Anhören
Lost Highway Oper (Ausschnitt 1) Anhören
Lost Highway (Ausschnitt 2) Anhören
Lost Highway (Ausschnitt 3) Anhören
Lost Highway (Ausschnitt 4) Anhören
…miramondo multiplo… für Trompete und Orchester Anhören
Musik zu „Symphonie diagonale“ von Viking Eggeling für Ensemble Anhören
locus…doublure…solus für Klavier und Ensemble Anhören
Zefiro aleggia... nell’infinito für Fagott und Orchester Anhören
Marsyas II für Ensemble Anhören
Torsion für Fagott Anhören

> Weitere Hörbeispiele
> Werkverzeichnis

Foto: Olga Neuwirth (© Rui Camilo)

>  News Search

Stay updated on the latest composer news and publications