Hans Winterberg: Uraufführungen seiner Werke für Klavier

Das Œuvre von Hans Winterberg wieder zugänglich zu machen, ist aktuell eines der größten Unterfangen des Musikverlags Boosey & Hawkes, gemeinsam mit dem Exilarte Zentrum Wien und dem Enkel des Komponisten. Im Spätherbst 2023 stellt ein Konzertschwerpunkt einige erstmals edierte Schlüsselwerke Winterbergs vor.
Hans Winterberg (1901 – 1991) studierte in Prag bei Alexander von Zemlinsky und Alois Hába und arbeitete als Korrepititor. Nachdem er während der Kriegsjahre Zwangsarbeit leisten musste, wurde er Anfang 1945 aufgrund seiner jüdischen Abstammung im Ghetto Theresienstadt interniert. 1947 emigrierte er nach Süddeutschland und arbeitete beim Bayerischen Rundfunk und am Richard Strauss Konservatorium. Einige seiner Kompositionen – Orchesterwerke, Ballette, Vokal- und Kammermusik – wurden zu Lebzeiten gespielt und im Rundfunk aufgenommen. Nach Winterbergs Tod etliche Jahre unter Verschluss, wird es nun von Boosey & Hawkes in Kooperation mit dem Exilarte Zentrum der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien sowie dem Enkel des Komponisten erschlossen und erstmals publiziert.
Winterberg ist der einzige musikalische Vertreter der tschechisch-deutschen Kultursymbiose, der den Holocaust überlebte und der die tschechische Tradition in der Nachfolge Janáceks in der Auseinandersetzung mit der Zweiten Wiener Schule und dem französischen Impressionismus über den Epochenbruch des Zweiten Weltkriegs hinaus weiterentwickeln konnte.
Federführend für die Edition des Winterbergschen Klavierwerks ist der Pianist Jonathan Powell. Im Rahmen zweier Konzerte in Bad Tölz (19. November) und Wien (21. November) bringt er unter anderem die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg komponierte Klaviersonate Nr. 3 zur Aufführung. International besetzte Podiumsrunden zu Winterbergs Biografie, seinem Schaffen und zur Wiederentdeckung seines Nachlasses vor dem Hintergrund der geschichtlichen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts begleiten beide Veranstaltungen; Diskutanten: Petr Brod (Journalist, Prag), Michael Haas und Gerold Gruber (Exilarte Zentrum, Wien), Frank Harders-Wuthenow (Boosey & Hawkes, Berlin) sowie Lubomir Spurný (Masaryk Universität, Brno).
Die Winterberg-Edition von Boosey & Hawkes / Exiilarte wird flankiert von CD-Aufnahmen – eine Reihe von Werken liegt bereits vor, größtenteils in Ersteinspielungen (siehe unsere Website; dazu zählen:
• Klavierkonzert Nr. 1, Rhythmophonie sowie Sinfonia drammatica mit Jonathan Powell und dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Johannes Kalitzke (Capriccio)
• Kammermusik Vol. 1 und 2 mit dem Amernet String Quartet, Arizona Wind Quintet und internationalen Solist*innen (Toccata Classics)
• Klavierwerke Vol. 1 und 2 mit der Pianistin Brigitte Helbig (ebenfalls Toccata Classics)
• Lieder mit der Sopranistin Irena Troupová (ArcoDiva)
In Vorbereitung befinden sich eine Gesamteinspielung von Winterbergs Klavier-Solowerk sowie CDs mit Kammer- und Vokalmusik bei eda records.
Als erste Kaufausgabe liegt bereits Winterbergs Sonate für Violoncello und Klavier von 1951 vor (ISMN 979-0-2025-3810-4). Anfang 2024 erscheinen die 1. Violinsonate von 1936, die Suite für Violine und Klavier von 1942 und Klavierwerke. Zahlreiche weitere Titel sind in Vorbereitung. Orchester- und Kammermusik liegt als Leihmaterial vor. Den Stand der aufgearbeiteten Werke des umfangreichen Schaffens von Hans Winterberg finden stets aktuell unter www.boosey.com/Winterberg.
Weitere bevorstehende Aufführungen:
14.12.2023 Haus des Rundfunks, Berlin
Klavierkonzert Nr. 1
Jonathan Powell / Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin / Johannes Kalitzke
Übertragung auf Deutschlandradio Kultur am 21.12.2023
> zum Veranstalter
21.02.2024 Congress Center, Festsaal, Baden (Österreich)
Uraufführung Klavierkonzert Nr. 4
Jonathan Powell / Beethoven Philharmonie / Thomas Rösner
> zum Veranstalter
Foto Hans Winterberg: © Peter Kreitmeir