Leokadiya Kashperova ist „Composer of the Week“

Die wiederentdeckte Komponistin Leokadiya Kashperova, die in diesem Jahr ihren 150. Geburtstag gefeiert hätte, steht zwischen dem 12. und 16. Dezember im Zentrum der Reihe „Composer of the Week“ von BBC Radio 3
Mit einem großen Radiofeature setzt die britische BBC den Schlusspunkt hinter Leokadiya Kashperovas rundes Geburtstagsjahr und widmet sich eine Woche lang den Werken der russischen Komponistin. In fünf 60-minütigen Sendungen werden ihre Biografie sowie ihre erhaltenen Werke im Radio vorgestellt. Darüber hinaus stehen die einzelnen Episoden einen Monat lang online zum Nachhören auf BBC Sounds zur Verfügung. Donald Macleod moderiert die Sendungen gemeinsam mit Dr. Graham Griffiths, der die Musik der verschollenen Komponistin wiederentdeckt und für die Boosey & Hawkes Kashperova Edition aufgearbeitet hat.
Viele eigens zu diesem Anlass entstandene Aufnahmen und britische Erstaufführungen sind Teil der BBC-Reihe. So ist etwa Kashperovas Klavierkonzert erstmals wieder zu hören. Zu den Interpret:innen gehören das BBC Symphony Orchestra, das BBC Concert Orchestra, die BBC Singers, Alexandra Dariescu und Mengjie Han (Klavier), die Sängerinnen Claire Booth und Ruby Hughes, die Dirigent:innen Jane Glover und Chris Hopkins sowie das Gould Piano Trio.
Leokadiya Kashperova (1872–1940) war eine der begabtesten Komponist:innen und Pianist:innen ihrer Generation. Sie studierte Komposition bei Nikolai Solowjow und Klavier bei Anton Rubinstein. Sowohl Glasunow als auch Balakirew schätzten Kashperovas Interpretation ihrer Musik. Regelmäßig ging die im Oblast Jaroslawl geborene Musikerin auf Konzertreisen, u. a. nach Berlin und London, und spielte hierbei häufig auch ihre eigenen Kompositionen. Ihre Werke erfreuten sich großer Beliebtheit und wurden veröffentlicht, doch das Einsetzen der politischen Umwälzungen im Rahmen der Russischen Revolution ab 1917 setzte Kashperovas Erfolgen ein jähes Ende: Aufgrund ihrer engen Verbindungen zum Adel wurde ihre Musik nicht mehr öffentlich gespielt, und auch private Aufführungen wurden immer seltener. Zwar komponierte sie weiterhin, dennoch gerieten ihre Werke nach und nach in Vergessenheit. Der Nachwelt blieb sie zunächst nur als Klavierlehrerein Igor Strawinskys ein Begriff. Erst kürzlich wurde ihr facettenreiches Schaffen wieder zurück ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht und löste einhellige Begeisterung bei Forschenden wie Interpret:innen aus: So kann Leokadiya Kashperova als die wohl wichtigste komponierende Frau im Russland des frühen 20. Jahrhunderts gelten.
BBC Radio 3 Composer of the Week
Leokadiya Kashperova (1872–1940)
produziert von Luke Whitlock
Folge 1: Ausgebildet von Rubinstein
Donald Macleod zeichnet Kashperovas Aufstieg zu einer gefeierten Pianistin und Komponistin nach und untersucht ihre Beziehung zu ihrem weltberühmten Lehrer Rubinstein.
Mit Auszügen aus der Symphonie h-Moll und Abend und Nacht
Folge 2: Unterricht für Strawinsky
Donald Macleod beleuchtet Kashperovas frühe Karriere als Pianistin mit ihrem eigenen Klavierkonzert und erforscht ihren Einfluss auf ihren Schüler Igor Strawinsky.
Mit Auszügen aus dem Klavierkonzert a-Moll und dem Klaviertrio a-Moll
Folge 3: Reisen außerhalb Russlands
Donald Macleod erkundet Kashperovas Besuch in Estland, wo sie trotz ihres Renommees wieder Studentin wird, sowie Reisen nach Berlin und London.
Mit Auszügen aus der Symphonie h-Moll und der Cellosonate Nr. 1
Folge 4: Unstimmigkeiten mit Balakirew
Donald Macleod erforscht Kashperovas Beziehung zu ihrem Komponistenkollegen Balakirew und zeigt eine frühe Aufnahme, auf der sie im Jahr 1910 dessen Musik spielt.
Mit Auszügen aus dem Klavierkonzert a-Moll und der Cellosonate Nr. 2
Folge 5: Verheiratet mit einem Revolutionär
Donald Macleod widmet sich Kashperovas Leben und Musik während der Russischen Revolution, einschließlich ihrer Ehe mit einem Revolutionär, und wie ihre Musik in ihren letzten Jahren zum Schweigen gebracht wurde.
Zu hören sind das Klaviertrio a-Moll und das Finale der Symphonie h-Moll.
Darüber hinaus ist in dieser Woche eine neue Webdokumentation von Boosey & Hawkes erschienen, die sich auf Kashperovas Symphonie h-Moll konzentriert. Der Film ist im Rahmen den Proben für die US-Premiere des Werkes in der neuen Kritischen Ausgabe entstanden, die das New York Repertory Orchestra unter Leitung von David Leibowitz im April 2022 bestritten haben.
> Zur Dokumentation „Unveiling a Forgotten Masterpiece“
Noch mehr Hintergründe zu Leokadiya Kashperova:
Kashperova Edition
Die Boosey & Hawkes Kashperova Edition wurde 2021 mit der Veröffentlichung der Cellosonaten Nr. 1 und 2 sowie der Klaviersuite „Am Busen der Natur“ gestartet. Mittlerweile wurden auch das Klaviertrio a-Moll, das Chorwerk Abend und Nacht und die 12 Liebesromanzen publiziert. Weitere Editionsvorhaben sind die Ballade Der Adler und die Schlange und Woher kommen die Sterne?. Die Ausgabe umfasst auch Aufführungsmaterial für die Symphonie h-Moll und das Klavierkonzert a-Moll, dessen erste Einspielung und Ausstrahlung im Rahmen des zu Ende gehenden Jubiläumsjahres erfolgt sind.
In Search of Kashperova
Gemeinsam mit Dr. Graham Griffiths und führenden Musiker:innen hat Boosey & Hawkes eine eigene Dokumentationsreihe über Leokadiya Kashperova produziert. Die fünfteilige Serie wurde im Mai 2022, pünktlich zu Kashperovas 150. Geburtstag, veröffentlicht.