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Gleich doppelt lohnt aktuell ein Blick auf einen der wohl bedeutendsten Literaten Deutschlands: Thomas Mann. Am 6. Juni jährt sich der Geburtstag des Nobelpreisträgers zum 150., am 12. August sein Todestag zum 70. Mal. Wir erinnern an den Autoren mit Mann-inspirierten Werken aus unseren Katalogen.

Thomas Manns großes Alterswerk, die Lebensgeschichte des Komponisten Adrian Leverkühn in "Doktor Faustus", ist ein eindrucksvolles Beispiel für seine profunde Musikkenntnis und seine scharfe Beobachtung der musikalischen Entwicklung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der hochsensible und psychisch labile Leverkühn zerbricht sowohl an seiner verzweifelten Suche nach neuen Ausdrucksformen in der Musik als auch an seinem tragischen Leben, dem er, immer verletzlicher werdend, bald nicht mehr gewachsen ist. Ganze Kapitel des Romans sind Diskussionen über Musik, ihre Rezeption in einer sich rasant wandelnden Gesellschaft und ihre enge Beziehung zu philosophischen Fragen gewidmet, die Mann kunstvoll und ironisierend in die aus der Ich-Perspektive erzählte Lebensgeschichte des fiktiven Komponisten einbindet.

Zitate aus "Doktor Faustus", vorgetragen von einem Rezitator, bilden für Moritz Eggert das Fundament seines schlicht als op. 111 (2012) betitelten Werks für Sprecher und Pianist (in Personalunion) sowie Orchester. Dabei handelt es sich um eine quasi doppelte Reverenz bezieht sich das Werk doch auf Beethovens rätselhafte letzte Klaviersonate Nr. 32 c-Moll op. 111, der wiederum in Manns Roman eine zentrale Rolle zukommt: Im sogenannten "Vortragskapitel" lässt Mann den Organisten Wendell Kretzschmar Beethovens Sonate ausführlich analysieren und über den "fehlenden" dritten Satz sinnieren. Eggerts Komposition wurde im Rahmen des Projekts "Faust – Eine Phantasmagorie" mit den Bochumer Symphonikern uraufgeführt und schlägt nicht nur die Brücke zwischen Thomas Mann und Ludwig van Beethoen, sondern spannt den Bogen bis hin zur Faust-Legende.

Auch Peter Ruzicka bezieht sich in seiner "Erinnerung für großes Orchester" mit dem Titel Zurücknehmen (2009) auf "Doktor Faustus". "Adrian Leverkühn, der fiktive Tonsetzer, der sich in einem Teufelspakt seine Schaffenskraft mit dem Liebesverbot und seiner Todesfrist (der Zeit) erkauft hat", so der Komponist, "erleidet mit dem Tod seines Neffen Nepomuk die ganze Kälte dieser Welt, auf die er mit einem Bannfluch zurückschlägt." Im Roman heißt es an dieser Stelle: "'Ich habe gefunden', sagte Adrian, 'es soll nicht sein.' 'Was, Adrian, soll nicht sein?' 'Das Gute und Edle', antwortete er mir, 'was man das Menschliche nennt, obwohl es gut ist und edel. Um was die Menschen gekämpft, wofür sie Zwingburgen gestürmt, und was die Erfüllten jubelnd verkündigt haben, das soll nicht sein. Es wird zurückgenommen. Ich will es zurücknehmen.'" Nicht zuletzt der explizit musikalische Verweis auf Beethovens Sinfonie Nr. 9 an späterer Stelle dieses Schlüsselmoments für Manns Protagonisten mag Ruzicka zu dieser vielschichtigen Komposition inspiriert haben.

Derzeit arbeitet Dejan Lazić gemeinsam mit dem Librettisten Peter te Nuyl an einer Opernadaption von Manns "Der Zauberberg". "Die Struktur des Buches ist meilenweit von einer gängigen Theaterdramaturgie entfernt", räumt Lazić ein und erklärt, dass er sich deshalb – neben den streng verdichteten Handlungssträngen – vordringlich auf die philosophischen Auseinandersetzungen im Roman und einige der von Mann aufgeworfenen Fragen konzentriere, die vielleicht gerade heute von besonderer Wichtigkeit sind: Wie funktioniert Zusammenleben in einem Europa, in dem die Grundwerte der Zivilisation unter Druck stehen oder gar zerbröckeln? In welchem Verhältnis stehen Geist und Macht zueinander? Wie kann das Individuum Verantwortung für sich selbst und die Gesellschaft übernehmen. "Mann verwendet die Musik bis in die Kapillaren dieses Buches hinein", so der Komponist. "Er beschreibt nicht nur eine Menge Musik, wie die Konzerte im Sanatorium und die Grammophonplatten, die Hans Castorp abspielt. Mozart, Schubert, Verdi, Offenbach, Gounod, Bizet, Debussy, sie alle kommen in dem Buch vor und sollen in meiner Musik auch zitiert werden."
Neben den ersten beiden Akten der Oper hat Lazić außerdem bereits das Zwischenspiel Hans Castorps Schneetraum für Violine und Streichorchester (Flöte und Harfe ad lib.) fertiggestellt – jene Schlüsselszene des Romans, in der Castorp auf einer Wanderung in einen lebensbedrohlichen Schneesturm gerät und beim Ausharren in einen albtraumdurchzogenen Schlaf fällt.
 

Foto: Thomas Mann (© Bundesarchiv, Bild 183-R15883/Autor-in unbekannt/CC-BY-SA 3.0)

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