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Als Jugendliche vor den Nazis aus Deutschland geflohen, avancierte Ursula Mamlok in ihrer neuen Heimat New York zu einer gefragten Komponistin. Als über 80-Jährige kehrte sie nach Deutschland zurück. In diesem Jahr wäre Mamlok 100 Jahre alt geworden. Die Berliner Dwight und Ursula Mamlok Stiftung feiert den runden Geburtstag mit sommerlichen Konzerten in Hamburg und Berlin.

Ursula Mamlok (geb. Lewy) war 16 Jahre alt, als sie vor den Nationalsozialisten aus Berlin floh. Ihr Leben verlief also – wie das nahezu aller Emigrant*innen im 20. Jahrhundert – nicht geradlinig, sondern war geprägt von Umwegen und Hindernissen. Dennoch sollte sie in den USA eine unverwechselbare musikalische Stimme finden und sich später gewissermaßen mit den Zeitläuften versöhnen, insbesondere mit ihrer Rückkehr nach Berlin in ihrem letzten Lebensjahrzehnt.

Mamloks Flucht führte sie im Jahr 1939 zunächst mit ihrer Familie nach Ecuador. Bereits im folgenden Jahr aber erhielt sie einen Platz an der Mannes School of Music. Um hier ihr Studium aufnehmen zu können, übersiedelte sie allein nach New York, wo sie sich für die nächsten 66 Jahre niederlassen sollte. Mamlok studierte zunächst bei dem Dirigenten George Szell; zu ihren späteren Mentoren auf kompositorischem Terrain gehörten Roger Sessions, Stefan Wolpe (der ebenfalls aus Berlin stammte und jüdischer Abstammung war) und Ralph Shapey. Alle drei trugen maßgeblich dazu bei, Mamloks Stil zu formen. Werke vom Beginn der 1960er-Jahre zeigen ihn besonders deutlich: Ausdrucksstark sowie voller komplexer Rhythmen und phantasievoller Farben hat er eine ganz eigene modernistische Klangsprache.

Zu Ursula Mamloks Hauptwerken gehören die sechs Humoresken für Orchester Grasshoppers (1957), das Oboenkonzert (1976/2003), ihr Auftragswerk für das San Francisco Symphony Orchestra Constellations for orchestra (1991) [erschienen bei Edition Peters] sowie eine Vielzahl von Kammer- und Vokalwerken. Neben ihrer Arbeit als Komponistin unterrichtete Mamlok Musiktheorie und Komposition an der New York University, der Temple University und der Manhattan School of Music.

Nach dem Tod ihres Mannes Dwight G. Mamlok im Jahr 2005 beschloss die Komponistin, nicht länger in New York zu bleiben, sondern nach Berlin in ihre Geburtsstadt zurückzukehren. 2006 bezog sie ein Altersheim in jener Stadt, die sie nahezu 70 Jahre zuvor unter schwierigen Umständen verlassen hatte. Ihrem fortgeschrittenen Alter zum Trotz erlebte Ursula Mamloks Komponieren hier eine weitere, letzte Blüte und stieß auf neue Anerkennung in ihrem Geburtsland. Sie komponierte eine eindrucksvolle Reihe neuer Kammermusikwerke für renommierte Musiker*innen wie Holger Groschopp, Heinz Holliger, Kolja Lessing, Jakob Spahn, Cheryl Seltzer und Joel Sachs sowie für Spectrum Concerts Berlin. Unterstützt wurde sie von der Rundfunkjournalistin und Musikwissenschaftlerin Bettina Brand und durch das Engagement ihres neuen Verlags Boosey & Hawkes. 2012 erschien die von Habakuk Traber verfasste Biografie Time in Flux: Die Komponistin Ursula Mamlok, und der 80-minütige Dokumentarfilm Movements von Anne Berrini über das Lebenswerk der Komponistin wurde in Berlin gezeigt. Im Jahr nach dem Tod der Komponistin wurde auf ihren Wunsch hin die Dwight und Ursula Mamlok Stiftung zur Förderung von Musik und Literatur gegründet.

> Mamloks Musik anhören

> Trailer zur Dokumentation Movements

Habakuk Traber beschreibt: "In Mamloks Œuvre gibt es Nervenpunkte, in denen Tendenzen zusammenlaufen und von denen Linien in verschiedene Richtungen ausgehen. Bis in ihre späten Jahre verwendete sie eine spezifische Variante der Reihenkomposition. Diese ersetzte für sie, grob gesprochen, das räumlich-tonale Denken der Vergangenheit, und diente ihr als Mittel, die Klangvorstellung eines Stückes, die für sie stets am Anfang einer Komposition stand, zu Partitur werden zu lassen. Dabei stieß sie auf bestimmte Reihenformen, die sich für die Ausarbeitung ihrer Ideen besonders gut eigneten. […] Die relative Kürze und Knappheit ihrer Kompositionen begründete sie damit, dass ein Hören mit voller Konzentration über längere Zeiträume nur wenigen möglich sei. Bei der Komplexität ihrer Werke, die sich vor allem in ihrer rhythmischen Ausgestaltung und den Symmetrieverhältnissen niederschlägt, unterschied sie zwischen Organisation und Hörbild der Musik. Temporelationen und Zeitproportionen maß sie große Bedeutung bei, da sie als unbewusste Determinanten für das Hören wirken. Mit ihrem Schaffen zielte sie jedoch auf unmittelbare Kommunikation.“

> Zum vollständigen Artikel von Habakuk Traber

Zu Ursula Mamloks 100. Geburtstag steht die Herausgabe ihres Schaffens durch Boosey & Hawkes kurz vor dem Abschluss. Unter den jüngsten Veröffentlichungen sind Alariana (1985) für Block- oder Querflöte, Klarinette, Fagott, Violine und Violoncello sowie des Liedes On Top of a Hill und der Longfellow-Vertonung Daybreak, beide aus den 1940er-Jahren. Zudem nehmen zahlreiche Veranstaltungen und (Gesprächs-)Konzerte die Jubilarin und ihr Schaffen in den Fokus: Bereits Anfang Dezember des vergangenen Jahres blickte die Berlin Academy of American Musik in der Berliner Siemens-Villa mit einer Aufführung des Concerto für Streichorchester (1950) auf den runden Geburtstag voraus. An Mamloks eigentlichem Geburtstag am 1. Februar wurde ihr Leben und Schaffen an der Manhattan School of Music in New York gefeiert, wo sie mehr als 40 Jahre als Kompositionsprofessorin lehrte. Neben einem Konzert mit Werken von Mamlok war hier auch Anne Berrinis Dokumentation zu sehen. In Berlin wurde der Komponistin zu Ehren eine Parkanlage im Bezirk Tempelhof-Schöneberg in Ursula-Mamlok-Park benannt. Weitere Konzerte fanden in Berlin im Tertianum statt, jener Altersresidenz, in der die Komponistin ihren Lebensabend verbracht hat (6. Februar), sowie im Konzerthaus (20. Februar und 23. März). Mamloks Four German Songs (1958) erlebten im Mai ihre schweizerische Erstaufführung in Lajoux (13. Mai). Als besonderer Höhepunkt interpretiert das Orchestre de Berlin unter Hartmut Rohde im Juni Mamloks Orchesterwerk Constellations in der Hamburger Laeiszhalle (10. Juni) und im Konzerthaus in Berlin (15. Juni).

10. Juni 2023, Laeiszhalle Hamburg
15. Juni 2023, Konzerthaus Berlin
Ursula Mamlok: Constellations für Orchester
Orchestre de Berlin
Hartmut Rohde, Leitung

> Zum Konzert in Hamburg

> Zum Konzert in Berlin
 

Foto: Simon Pauly

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