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Scoring

2(II=picc).2(II=corA).2.2-4.2.2.1-timp.perc(min.2):SD/BD/tamb/xyl/2tgl/vib/5gong/5cym/5tom-t/2tam-t/glsp/5tpl.bl-strings

Abbreviations (PDF)

Publisher

Boosey & Hawkes / Bote & Bock

Territory
This work is available from Boosey & Hawkes in der ganzen Welt.

Availability

Uraufführung
09/12/1984
Philharmonie, Berlin
Radio-Symphonie-Orchester Berlin / Jesús López Cobos
Programme Note

Fünf kontrastierend aufeinander zukomponierte Symphonien schrieb Isang Yun von 1982 bis 1987. Sie unterscheiden sich in Besetzung, formaler Anlage sowie in ihren Gehalten, stehen aber doch in einem ideellen und sogar zyklischen Zusammenhang. Die viersätzige, dreiviertelstündige Symphonie I (1982/83) warnt mit einem apokalyptischen ersten Satz vor der atomaren Katastrophe. Zurückhaltender besetzt ist die nur mehr dreisätzige und halbstündige Symphonie II (1984). Gehe – so Yun – die erste Symphonie vom Autor aus auf die Gesellschaft zu, so reflektiere die zweite umgekehrt das Verhältnis Gesellschaft – Autor. „Philosophisch" nennt er die noch kürzere und einsätzige Symphonie III (1985) mit der sukzessiven Rotation der rivalisierenden Klangwelten, die im Namen des Tao Himmel, Erde und Mensch in Beziehung setzt. Die Symphonie IV „Im Dunkeln singen" (1986) hat zwar eine etwas längere Spieldauer als die zweite, aber nur zwei Sätze. Bei weit gespannten Aufwärtsentwicklungen wird in diesem, einer koreanischen Gedichtdeklamation nachempfundenen Werk der Gesang der tiefen Streicher, im zweiten Satz der Oboen immer wieder brutal abgebrochen. In der Symphonie V für großes Orchester und Bariton solo (1987) greift Yun zur Lyrik der Nelly Sachs. Das gut einstündige Werk spannt einen dramaturgischen Bogen von der „Erinnerung" an verdrängte Vergangenheit über den „Aufruf" zu Versöhnung bis hin zum fünften Satz „Frieden", dem Ziel.

Yuns Musikdenken ist zu einem nicht geringen Teil auch ein spontanes Denken im Klang, den er aus kleinen und kleinsten Elementen webt. Seine kompositorischen Prinzipien verfolgen im einzelnen wie in der Ausformulierung längerer Sinneinheiten, bei der Konzeption ganzer Werke und sogar ganzer Werkreihen eine Yin-Yang-Dialektik. Die Gegensätze des Harten und Weichen, des Konsonierenden und des Dissonierenden bestimmen die Intervallstrukturen wie die Prinzipien seiner Instrumentation, schließlich auch die Konzeption der wellenartigen – die Heterophonie der tausend Jahre alten chinesisch-koreanischen Hofmusik nachbildenden – Verlaufsformen. Zumal seit seiner Konzertperiode in den siebziger Jahren bereicherte Yun das Arsenal seiner Klanggesten, das den rhetorischen Charakter des strömenden Klangs seiner Musik ausmacht.

Mehr als in jeder anderen seiner Symphonien ist die Organisation des Klangs vermittelt durch die überwiegende Gleichzeitigkeit der rivalisierenden Klangschichten. Dabei denkt Yun symbolische Prozesse mit: Die Welt der Streicher steht für positive Kräfte, während die Naturhaftigkeit der Perkussionsintrumente und der Blechbläser Dämonisches und Zerstörendes mitmeint. Die Holzbläser bilden demgegenüber eine oszillierend-unbestimmte Klangschicht, die sowohl auf der Seite der Blechbläser als auch auf der Seite der Streicher agiert und somit Partei nimmt.

Mit seiner zweiten Symphonie meint Yun einen Blick auf die Welt aus der größten ihm möglichen Distanz. Er verfolgt in dieser Klangkomposition weniger Prinzipien des Verwandelns im Sinne einer hörbaren Veränderung zu einem andern hin, sondern eher die Prinzipien des Umwandelns. „Das Umwandeln ist", so der Basler Musikologe Hans Oesch, „ein Kreislauf von Erscheinungen, von denen jede die andere ablöst, um zuletzt wieder bei der ersten einzumünden." Zugleich sind jedoch die Charaktere der drei Sätze der europäischen Gattung der Symphonie anverwandelt. Yuns Symphonie II ist sowohl Symphonie als auch „Klangkomposition".

Der erste Satz erscheint als ein monumentales, auskomponiertes Crescendo. Zu diesem bildet der langsame zweite Satz ein ruhendes Gegenbild, während der mit dominierendem Streicherklang triumphale Schluss-Satz einen guten Ausgang zu beschwören scheint.

Trotz zahlreicher, der ostasiatischen Kalligraphie nicht unähnlicher wellenartiger Brechungen im einzelnen, verläuft der erste Satz im großen in drei Abschnitten. Der erste Abschnitt bringt (in drei Phasen) eine Art Exposition. Pauken und Trommelschläge evozieren den Klang der Streicher. Dann erwachen auch die Holzbläser, aber ein einziger Akkord der Hörner genügt, um diese zum Schweigen und die Streicher zum fallenden, schließenden Gestus zu veranlassen. Eine zweite Phase wird von den Holzbläsern initiiert, das Blech antwortet und die Streicher schließen auf. In der dritten Phase entfalten die Streicher einen koreanisch anmutenden Gesangstyp. Dieser wird durch die abwärts gerichteten Unisonorufe der Hörner zum Verstummen gebracht.

In einem zweiten Abschnitt ragt zunächst das Aufwärts der Trompeten heraus; die, Holzbläser und die bald wieder dominierenden Streicher ziehen mit. Gegenkräfte entfalten die Hörner mit dem Motiv b-a und daraus entwickelten Gesten. Die Holzbläser agieren dann kurz im Unisono mit dem Blech und vereinigen sich danach mit den Streichern, die höchste Lagen erreichen.

Ein dritter Abschnitt beginnt mit der Vereinigung der tiefen Streicher und der Hörner: Beide setzen mit b-a ein. Die ausgleichende Gegenbewegung der hohen Streicher mündet in eine trillernde und glissandierende Klangfläche. Abermals mit dem Unisono b-a wird der Versuch der Integration des Auseinanderstrebenden in der Schlussphase fortgesetzt. Er gelingt nicht: In erregter Atmosphäre endet der Satz in einem vielstimmigen Tutti., wobei bezeichnenderweise der sechsstimmige Akkord der Blechbläser am längsten nachhallt.

Der in dunklen Farben gehaltene langsame Satz – mit dem Sehnsuchtstopos der aufwärts gerichteten Zweitonmotive – wirkt wie die Ruhe nach dem Sturm. Die Dramaturgie führt vom Individuellen zum Kollektiven – und zurück. Zuletzt die sordinierten Blechbläser, sodann ein Violinsolo.

Der Aufbruch des dritten Satzes ist bestimmt durch das Prinzip der Beweglichkeit. An dem Aufwärts der Streicher nimmt das Blech zuerst teil, entfaltet dann aber Gegenkräfte. In einem zweiten Anlauf treiben die Streicher – trotz des abermaligen Einspruchs der Kontrahenten – in höchste Lagen. Als retardierendes, die Spannung noch erhöhendes Moment erscheint der Umschlag in eine langsamere Gangart. Die Diskussion der Blechbläser untereinander bringt eine Art Burgfrieden. Und der hymnisch bewegte Schluss endet unisono auf cis.
Walter-Wolfgang Sparrer

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cd_cover

Filharmonia Pomorska Bydgoszcz / Takao Ukigaya
CPO 999 165-2

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