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Gija Kantschelis Klangwelt besitzt Natürlichkeit, ist modern und archaisch zugleich. Die musikalischen Strukturen richten sich nach dynamischen Extremen und fordern nicht selten äußerste Langsamkeit. Kantschelis Musik ist atmosphärisch seiner Heimat Georgien verbunden, ohne Folklore zu zitieren. Gerade hatte seine einzige Oper Musik für die Lebenden in Bonn Premiere. Am 10. August wäre er 90 Jahre alt geworden.

Gija Kantscheli wurde 1935 in Tbilissi geboren und starb 2019. Der georgische Komponist studierte von 1959 bis 1963 am Konservatorium seiner Heimatstadt bei Iona Tuskija. 1971 wurde er musikalischer Leiter des Rustaweli-Theaters in Tbilissi. Daneben unterrichtete er bis 1978 am Konservatorium. Von 1984 bis 1989 war er Vorsitzender des Georgischen Komponistenverbandes. Kantscheli übersiedelte im Jahre 1991 nach Berlin, wo er ein Stipendium des DAAD erhielt. 1995 wurde er Composer in residence der Königlichen Flämischen Philharmonie in Antwerpen und lebte danach freischaffend in Belgien.

Kantschelis Klangwelt besitzt etwas ungemein Natürliches, ist modern und archaisch zugleich. Seine musikalischen Strukturen richten sich wesentlich nach emotionalen Gesichtspunkten wie Steigerung und Spannung, Erregung und Ruhe. Er arbeitet mit dynamischen Extremen und fordert nicht selten äußerste Langsamkeit. Kantschelis Musik ist atmosphärisch seiner Heimat Georgien verbunden, ohne dass sie jedoch georgische Folklore zitiert. Nostalgie und Melancholie sowie Trauer über die politischen Zustände in der damaligen Sowjetunion, über die Zerstörungen infolge des georgischen Bürgerkriegs und über jegliche Form von Gewalt und Unfrieden in unserer Zeit prägen sein Schaffen.

Besondere Freundschaft verband Kantscheli mit Alfred Schnittke, aber auch mit einer Reihe von Interpreten wie dem georgischen Dirigenten Dschansug Kachidse, der die meisten seiner Sinfonien und Kantschelis einzige Oper Musik für die Lebenden zur Uraufführung brachte. Das stilistisch eigenwillige, selten gespielte Werk mit dem georgischen Originaltitel DA ARS MUSIKA! (Und es werde Musik!) erlebte gerade an der Oper Bonn eine Neuproduktion. Anfang der 1980er Jahre entstanden, ist abstrakt und allegorisch – im Mittelpunkt der Handlung steht der Kampf zwischen Gut und Böse um die Zukunft der Menschheit, symbolisch ausgetragen auf musikalischer Ebene: Der Zweite Akt umfasst eine Oper in der Oper, die von einer Tournee-Truppe in einem Theater unter fliegenden Bomben aufgeführt wird. Aktuelle Bezüge stellen sich da automatisch ein. In der Bonner Inszenierung des russlandstämmigen Maxim Didenko wird das Werk zu einem kraftvollen Plädoyer gegen Autoritarismus, Diktatur und Gewalt.

Wie die Deutsche Bühne urteilt, ist Musik für die Lebenden in Bonn eine deutliche Parabel „ohne jeden Realismus, weder Dystopie noch Utopie“, die erfüllt ist vom „Wissen um die Grausamkeit des Menschen und von Hoffnung für sein Fortbestehen“. Musikalisch erinnerlich sind dem Rezensenten der Kölnischen Rundschau wie „zarteste Cembalo-Rezitative angedeutet werden“, Streicher die Bühne betreten, „um wenige Pizzicati abzuliefern“, wohingegen die Musik „in den Opernszenen tobt“. Wie Daniel Johannes Mayr, der musikalische Leiter der Produktion im General-Anzeiger erklärt, transformiere die Musik die Leere – er merke, dass um ihn herum fast meditative Ruhe einkehre; es sei „eine maximal poetische Sprache … aus einem einzigen Ton heraus entsteht etwas Großes“.

> zur Produktion an der Oper Bonn

Weitere Künstlerfreundschaften begleiteten Kantscheli mit Mstislaw Rostropowitsch, für den er unter anderem das Cellokonzert Simi komponierte, mit Yuri Bashmet, dem er zwei Bratschenkonzerte widmete, sowie mit Gidon Kremer, für den er zahlreiche Violinwerke schrieb und viele seiner Kompositionen für Violine einrichtete. Mit Kremer verband ihn auch sein leidenschaftliches Eintreten für Gerechtigkeit und Menschenrechte. Im Jahre 1999 wurde er mit dem russischen Kulturpreis ’Triumph’ ausgezeichnet, 2008 erhielt er den Preis der israelischen Wolf-Stiftung.

Der Schwerpunkt seines umfangreichen Schaffens liegt im Orchester- und Kammerorchesterbereich, doch entstanden immer wieder auch bemerkenswerte Chor- und Kammermusikwerke. Viele seiner Kompositionen arbeitete Kantscheli, oft auf Wunsch von Interpreten, für Alternativbesetzungen um. Daneben hinterließ er auch ein bedeutendes Œuvre im Bereich der Film- und Bühnenmusik. Der Großteil seines Schaffens liegt auf CD vor, insbesondere beim Label ECM in exemplarischen und vom Komponisten autorisierten Einspielungen.
 

Abb.: Gija Kantscheli (© G. Chkhatarashvili); Szenenfoto 'Musik für die Lebenden' Oper Bonn (© Bettina Stöß)

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