Trojahns Eurydice – Die Liebenden, blind in Wien

In ihrer aktuellen Produktion präsentiert die Neue Oper Wien Manfred Trojahns Eurydice – Die Liebenden, blind als Österreich-Premiere. Es ist nach der Amsterdamer Uraufführung die zweite Inszenierung dieser 2021 komponierten, poetisch-psychologischen „Handlung in drei Akten“.
Manfred Trojahn schuf seine Opernversion des klassischen Orpheus-Stoffes im Auftrag der Nationale Opera & Ballett, Amsterdam. Wie stets schrieb der Komponist selbst das Libretto, unter Verwendung von Gedichten von Rainer Maria Rilke aus Sonette an Orpheus. Trojahn stellt den Moment des Kennenlernens von Orphée und Eurydice in den Fokus – dieses wird „zu einem oft gestörten, schmerzhaften und durchaus zögerlichen Prozess“, so der Komponist. Es ist ein fahrender Zug, an dem die sich kreuzenden Blicke der beiden Reisenden ein Geschehen initiieren, das ist erster Linie ein inneres ist. Während sich die Liebe zwischen ihr und Orphée entwickelt, wird Eurydice wiederholt von Pluto heimgesucht, dem Herrn der Unterwelt, der in wechselnden Gestalten aus ihrer Vergangenheit erscheint. Die Zugfahrt wird zu einer Reise ins Jenseits. Eine Umkehr ist trotz aller Bemühungen nicht möglich, die Liebenden nehmen melancholisch Abschied voneinander und von den „leeren Projektionen“ der Vergangenheit und der Zukunft.
Die Amsterdamer Erstproduktion von Eurydice – Die Liebenden, blind im März 2022 mit Andrè Schuen und Julia Kleiter, in der Regie von Pierre Audi und von Erik Nielsen musikalisch geleitet, erhielt den Oper!Award als beste Uraufführung. Nun unternimmt die Neue Oper Wien eine Neuproduktion, die am 16. Oktober 2025 im Wiener Museumsquartier Premiere feiert. Es dirigiert der langjährige Leiter der Neuen Oper, Walter Kobéra, Regie führt Juana Inés Cano Restrepo; für die Ausstattung zeichnet Dietlind Konold verantwortlich, die Ehefrau des Komponisten. Die Veranstalter zu ihrer Deutung:
„Ausgehend von der griechischen Sage und der poetischen Reflexion in Rainer Maria Rilkes Sonette an Orpheus entwirft [Trojahn] ein psychologisches Seelendrama, das sich musikalisch aus dem breiten Reservoir der modernen Tonalität speist. Die Partitur eröffnet eine Welt voller Sinnlichkeit, Ausdruckskraft und Formenvielfalt, um die existenzielle Spannung zwischen Leben und Tod, zwischen Kunst und Vergänglichkeit zu erfassen. Während Orphée Eurydices Gefühle neu entfachen will und glaubt, ihr Leben bereichern zu können, überschreitet Eurydice schließlich die Schwelle zur ‚anderen Seite‘. Und dort findet sie eine Form der Erfüllung, die möglicherweise keiner besonderen Bindung mehr bedarf. Ihre Liebe zu Orphée erscheint so wie die Liebe zwischen Kunst und Inspiration: flüchtig, tiefgründig und zugleich jenseits menschlicher Besitzansprüche […] Mit raffinierter musikalischer Struktur und dezidiert erzählerischen Elementen wird Trojahns Musik zum lebendigen Sprachrohr der Figuren und ihrer Gefühle.“
Manfred Tojahn:
Eurydice – Die Liebenden, blind
Handlung in drei Akten (2021, 120 Minuten)
Libretto vom Komponisten
unter Verwendung von drei Gedichten von Rainer Maria Rilke aus Sonette an Orpheus
ÖEA: 16.10.2025 Museumsquartier, Halle E, Wien
Neue Oper Wien
Musikalische Leitung: Walter Kobéra
Inszenierung: Juana Inés Cano Restrepo
Ausstattung: Dietlind Konold
Eurydice: Laure-Catherine Beyers / Orphée: Martin Achrainer / Pluton: Christoph Gerhardus / Proserpine: Tara Venditti / Madrigalisten des Wiener Kammerchores / Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
Folgeaufführungen: 18., 21. und 22.10.2025
> zur Website der Neuen Oper Wien
Foto: Bühnenbildmodell von Dietlind Konold