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Publisher

B&B

Territory
This work is available from Boosey & Hawkes in der ganzen Welt.

Availability

Uraufführung
18/02/1988
Gütersloh
Deutsche Kammerphilharmonie / Yoram David
Programme Note

Nach einer Reihe von Solokonzerten, die er 1975/76 eröffnete, und einem Zyklus von fünf Symphonien (1982/83–1987) erprobte Yun das Neue in der Beschränkung von Material und Besetzung. Mit der Kammersinfonie I für zwei Oboen, zwei Hörner und Streicher knüpft er an den neuen Ton an, den er in seiner Kammermusik seit 1984 entwickelte (etwa im Duo für Violoncello und Harfe oder im Klarinettenquintett I), bezieht aber auch die Erfahrungen mit den Solokonzerten und Symphonien ein. In dem einsätzigen, in sich dreiteiligen Werk faßt Yun Oboen, Hörner, hohe und tiefe Streicher jeweils gruppenmäßig zusammen. Sie bilden – rivalisierend oder einander ergänzend – wechselnde Allianzen. Im langsamen Mittelteil werden neben den Bläsern und den chorischen Streichern die Stimmführer des Streichorchesters zusätzlich mit solistischen Aufgaben betraut. Mit kantablen motivischen Zellen, die imitiert und gelegentlich wieder aufgegriffen werden, erscheinen vor allem die Stimmen der Bläser als glitzernde Fäden im strömenden Klang. Yun versucht Transparenz und das Einfache oder einfach Schöne, das schwer zu machen ist.

Auffällig ist die Bevorzugung von Ganzton, Terz, Quart bzw. Quinte. Die tonalen Implikationen der konsonanten und reinen Intervalle verwischt der Komponist jedoch sowohl mit durch die Lage und Instrumentation geschickt versteckten dissonierenden Störtönen als auch durch Erweiterung des Einzeltons zum Klangband. So erscheint etwa die kleine None ese als intervallischer Rahmen am Beginn des ersten Teils, die große None efis zu Beginn des Mittelteils, am Anfang des Schlußabschnitts dann aais. Zugleich wird hier auch das für Yun charakteristische spiralartige Vor- und Aufwärts deutlich, das Befreiung meint.

Eine Art Introduktion ist der erste, asymmetrisch in Vorder- und Nachsatz periodisierte Achttakter. Dem akkordischen Gerüstsatz der tiefen und hohen Streicher antworten die Bläser mit gestoßenen Sechzehntelimpulsen; den Nachsatz eröffnen die Bläser und die Streicher reagieren mit gezupften Klängen. Gleichsam solistisch treten dann einzelne Stimmen hervor: Eine Kleinterz im ersten Horn erscheint als motivische (und harmonische) Keimzelle. Diese wird imitatorisch aufgegriffen durch die Oboe 1 und die ersten Violinen, hernach noch durch die Celli. Beide Oboen weiten diesen Gestus bis zur kleinen Dezim. – Nun werden die Gegensätze der Klangwelten entfaltet: In zwei Phasen bestimmt das Dunkel der Hörner die Faktur mit einem Klangband, das in die Tiefe führt. Einem aufsteigenden Dreitonmotiv aus Kleinsekunden stehen bei reduzierter Dynamik appellative Oktaven und ein vogelstimmenartiges Violinsolo gegenüber; die zweite Hornphase ist charakterisiert durch die fallende Quint. – Eine stille, helle Gegenwelt eröffnen die Oboen, die an das Kleinsekundmotiv des Horns anknüpfen und bei Vierteltonglissandi das Klangband der Kleinterz zur Großterz erweitern. Sogleich ahmen die Hörner diesen neuen Tonfall nach. Mit einem fast eruptiven Gewebe aus Glissandi und Trillerglissandi – Yun nannte solche Gebilde "Streicherblumen" – melden sich die Streicher zu Wort. Konzertant antworten die je paarweise geführten Bläser.

In kontrastierendem Umschlag folgt der langsame Mittelteil. Das Streichorchester bildet den Hintergrund für die in Duo-, aber auch in Trio- und Quartettformationen erklingenden Solostreicher. Oboen und Hörner treten mit fragendem Sextgestus hinzu. Für die Bewegung in der Unbewegtheit sorgen die Soloviolinen, während die Bläser in Terzimitationen vereint sind. – Ein rotierender Prozeß von chorischen Streichern und Solisten wirkt ausgleichend; im weit gespannten Raum entsteht bei aufsteigenden Sekundschritten eine neue Klangqualität.

Verwandelte Wiederkehr der Introduktion im bewegten Schlußteil. Bläser wie Streicher tendieren bei heftigem Vor- und Aufwärts zum – freilich nicht gleichzeitig erreichten – Einklang. Zerfaserung: Dialog der Bläsergruppen und unruhiges Streichertutti. Schließlich ein stockendes Miteinander: Im blockhaften Streichersatz erscheinen durch Fermaten gelängte Einzeltöne, dann Zwei- oder Dreitongruppen, die durch die Bläser interpungiert werden. Das Satzbild erinnert an eine Stelle der 5. Symphonie. Dort geht es um "Herzschritte" die zu gehen sind, um Umwege, um durch Erinnerung die Vergangenheit zu bewältigen. Auf die gestaute Unruhe folgt abermals Zurücknahme: Die Wiederkehr der Langsamkeit wird zum Ausgangspunkt für den Schluß. Das motivische Material erscheint verändert: Statt Konfigurationen aus Terzen und Sexten dominieren nun eher Quart, Quint und Tritonus; statt des Schönen das Reine und Spannende. Erreicht wurde die Integration Bläser – hohe Streicher; die tiefen Streicher verhalten sich jedoch oppositionell. Ein virtuoses Accelerando der hohen Streicher und Bläser löst nicht, sondern verdeckt die Widersprüche der rivalisierenden Klangwelten. Nach Rufen der Bläser und Doppelgriffvehemenz der tiefen Streicher, nach "Streicherblumen" und Bläsersignalen werden in der Erregung der Schlußphase die "Herzschritte" zum Appell.

Die Kammersinfonie I entstand im Auftrag der Stadt Gütersloh im Dezember 1987.

Walter-Wolfgang Sparrer (1988)

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