Marko Nikodijevic
Marko Nikodijevic wurde 1980 in Subotica, Serbien, geboren und studierte zwischen 1995 und 2003 in Belgrad Komposition bei Zoran Eric und Srdjan Hofman. Zusätzlich besuchte er Kurse und Vorlesungen in nonlinearer Mathematik und Physik, was seinen innovativen kompositorischen Ansätzen vielfältige Impulse verleihen sollte. Nach seiner Ausbildung in der serbischen Hauptstadt führte ihn 2003 ein zweijähriges Kompositionsaufbaustudium bei Marco Stroppa an die Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Stuttgart. Nikodijevic ließ sich in Stuttgart nieder, von wo aus er auch zu diversen Stipendien, Meisterkursen und Kompositionsseminaren nach Apeldoorn, Visby, Weimar, Amsterdam, Salzwedel oder Baden-Baden reiste. 2008 bis 2009 nahm er zudem privaten Musiktheorieunterricht bei Bernd Asmus.
2012/13 war Nikodijevic Residenzmusiker an der Cité Internationale des Arts in Paris. Seine Musik wurde bei Festivals wie dem musikprotokoll im steierischen herbst, dem Huddersfield Contemporary Music Festival, dem Heidelberger Frühling, dem Warschauer Herbst, den Wittener Tagen für neue Kammermusik, den Donaueschinger Musiktagen, Musica (Straßburg) und von Ensembles wie Asko | aufgeführt. Das Schönberg Ensemble, das Ensemble intercontemporain, das Nieuw Ensemble, das Nouvel Ensemble Moderne, das SWR-Sinfonieorchester oder das Kammerorchester Basel setzten seine Werke auf ihre Programme. Eine besondere Nähe baute Nikodijevic u. a. zu dem griechisch-russischen Dirigenten Teodor Currentzis auf, der, wie er selbst, tradierte Aufführungspraktiken und Hörerwartungen radikal aufbricht.
Nikodijevics Interesse für die Spektralmusik und ihr changierendes Spiel mit Obertönen in der Folge Gérard Griseys, aber auch sein Interesse für Claude Vivier prägen sein Schaffen ebenso wie die virtuose Verwendung elektronischer Klangmittel. 2014 kam während der Münchener Biennale seine Kammeroper Vivier – Ein Nachtprotokoll zur Uraufführung, die um Leben und Tod des kanadischen, viel zu früh gestorbenen Komponisten kreist. In Nikodijevics Musik gibt es zudem genreübergreifende Erweiterungen wie Anlehnungen an die Techno- und Popmusik. In vielen seiner Werke verarbeitet der Komponist psychische Ausnahmezustände wie etwa in Quartetto d'archi no. 1 „Tiefenrausch“ (2016) für Streichquartett, wo er versucht, extremste, die Sinne betäubende Erfahrungen in Klang zu verwandeln. Daneben forscht der serbische Komponist seit Langem an der Folklore seiner serbischen Heimat und des Balkans überhaupt. Spuren davon finden sich immer wieder in seinen Werken. Zum Beispiel in seiner Musik für das vierstündige, großangelegte Installationsprojekt Balkan Erotic Epic der Performancekünstlerin Marina Abramovic, die ihn schon einmal für das weltweit aufgeführte Projekt 7 Deaths of Maria Callas mit Kompositionen beauftragt hatte und immer wieder mit ihm kooperiert.
Marko Nikodijevics musikalische Sprache ist höchst eigenwillig. Es finden sich in seinen Werken aber auch etliche Einflüsse der Avantgardemusik besonders aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die er weiterentwickelt und in experimentelle Kompositionen einbindet. Dazu gehört beispielsweise sein Konzert für automatisches Schlagzeug und Orchester, bei dem er mit dem Soundingenieur Robert Henke zusammenarbeitete. Die Titel von Nikodijevics Werken sind oft verwirrend komplex und lassen nicht auf Anhieb erkennen, wie sie auf die jeweiligen Stücke zu beziehen sind. Das gilt zum Beispiel für das Stück ketamin/schwarz für Trompete, Posaune, Gitarre, Violoncello, Klavier, 2 Schlagzeuger und Live-Elektronik, das bei den Donaueschinger Musiktagen uraufgeführt wurde. Oder für gesualdo dub / raum mit gelöschter figur. Konzert für Klavier und Ensemble und [cvetic, kucica ... / la lugubre gondola]/cr/catalogue/cat_detail?=&musicid=107005&langid=2) für Orchester. Manche seiner Werke basieren zum Teil auf Werken anderer Avantgardisten, die Nikodijevic mit elektronischen Mitteln komprimiert, streckt und verarbeitet. Ein Beispiel ist music box / Selbstportrait mit ligeti und strawinsky und messiaen ist auch dabei, das auf Werken György Ligeti beruht.
Von 2012 bis 2013 hielt sich Nikodijevic als Stipendiat an der Cité internationale des Arts in Paris auf. 2013 erhielt er einen der drei Komponisten-Förderpreise der Ernst von Siemens Musikstiftung und wurde 2014 mit dem Deutschen Musikautorenpreis in der Kategorie Nachwuchsförderung ausgezeichnet. Er erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter den Kompositionspreis der Brandenburgischen Biennale, den Ersten Preis der Internationalen Gaudeamus-Musikwoche 2010 für sein Stück cvetic, kucica ... / la lugubre gondola, den Preis der Ernst von Siemens Musikstiftung München 2013 und den Deutschen Musikautorenpreis der GEMA 2014. Im Rahmen des International Young Composers Meeting Apeldoorn, Gaudeamus Music Week Amsterdam, der 3. Brandenburger Biennale und des UNESCO Rostrum of Composers wurde seine Werke ebenfalls ausgezeichnet.
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